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Ilse Aichingers Poetik des VerschwindensFootnote1

Pages 178-193 | Published online: 08 Jul 2010
 

ABSTRACT

In the last sixty years Ilse Aichinger has created a body of work that has only recently been recognized for its original qualities and inner consistency, as the guiding precepts behind German postwar literature have gradually been recanted. The article aims to show that Aichinger makes language the subject matter of her texts, moving beyond the coincidence of narrative history and its discursive contradictions to focus on the imaginative power of words and meaning. Her style of writing proves not to be an example of the absurd but is closely linked to cultural debates in the aftermath of the linguistic turn.

Notes

1. Dieser Beitrag ist Teil einer größeren Untersuchung, die einer Revision der Werke Aichingers im Ausgang vom linguistic turn der späten sechziger Jahre gilt.

2. Aichinger selbst kommentiert im Hinblick auf die Anordnung der Texte im zweiten Teil: “Eine Klammer ist dabei nicht zufällig: Das Journal setzt ein im Wien um 1939—die Ufa und der Stummfilmstar Lya de Putti—und endet im Wien nach 1945, mit dem Dritten Mann” (Film und Verhängnis 71). Damit ist nicht nur die Nachkriegszeit, die Epoche “nach Auschwitz” erreicht; es ist auch, wieder, neben der kollektiven ein Stück persönlicher Erinnerung angesprochen. Erst später berichtet Aichinger, daß ihre Schwester damals mitspielte und in dem Film “einen halben Satz zu sagen” hatte (Subtexte 24). Der Dritte Mann wird schließlich zum Signum des Nachwirkens jener mörderischen Macht, die besiegt schien. Nicht ohne Grund überschreibt Ingeborg Bachmann das zweite, der traumatischen Erinnerung an den Faschismus gewidmete Kapitel ihres Romans Malina gerade mit diesem Titel. Aichinger setzt ihn an den Schluß ihrer Folge von Filmtexten; am Ende dieses letzten Stücks aber steht ein Datum, die Unterschrift unter die von ihr hier erneut umrissene Epoche: Hitlers Geburtstag, auch er angekommen im neuen Jahrtausend.

3. So endet Aichingers Vorbemerkung zum Journal des Verschwindens; mit dem “Journal” ist hier angespielt auf die wöchentlich in Der Standard publizierten Glossen, die in mehreren Folgen erschienen; eine weitere Folge, aus der Texte in die Buchausgabe der Unglaubwürdigen Reisen eingegangen ist, hieß Schattenspiele (105–07).

4. Dover ist ein weiterer Archetyp im Werk Aichingers, man könnte in diesem Ort(snamen) geradezu einen Gründungsmythos ihres Schreibens sehen. Vgl. u.a. Dover in Schlechte Wörter: “Nur Dover ist nicht zu verbessern. Dover heißt so, wie es ist. Von diesem, wie viele sagen, unbeträchtlichen Ort sind alle Bezeichnungen und das, was sie bezeichnen, aus den Angeln zu heben. Delft, Hindustan, auch beyond. Obwohl beyond kein Ort ist.” Gerade dies: daß Dover, und nur Dover, jeden Ort der Welt, und damit eben jenes—realiter unerreichbare—‘beyond’ “aus den Angeln hebt,” wird hier als seine unüberbietbare Qualität nicht allein benannt, sondern im Text erst generiert: Es ist nicht die faktische Realität, sondern allein die Rede von Dover, die sprachliche Imagination, die ihm jene Qualität verleiht.

5. Hier zitiert nach der Werkausgabe, die folgende Bände enthält: Die größere Hoffnung. Roman [1948]; Der Gefesselte. Erzählungen I (1948–1952) [1976]; Eliza Eliza. Erzählungen 2 (1958–1968) [1965]; Schlechte Wörter [1976]; Kleist, Moos, Fasane. Prosa [1987/1996]; Auckland. Hörspiele [1969/1976]; Zu keiner Stunde. Szenen und Dialoge [1980]; Verschenkter Rat. Gedichte [1978]. Im Schlußkapitel “Die größere Hoffnung” wird, im Zusammenfall von Ellens Rettung und Untergang, diese Szenerie ganz am Ende des Romans in umgekehrter Richtung noch einmal aufgenommen: “Wo fahren wir? Wir fahren die Goldküste entlang, und wohin fahren wir? An das Kap der Guten Hoffnung. Ellen schloß die Augen” (253).

6. “Die Ödnis des entlarvten Landes” ist ein Zitat aus der von Klüger angesprochenen Passage aus Aichingers Roman; die Wendung läßt sich, so vermute ich, als Anspielung auf T. S. Eliots Waste Land lesen.

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