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‘Austrofaschismus’ und moderne Faschismusforschung [‘Austrofacism’ and new approaches to fascism]

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ABSTRACT

This article examines the character of the political system which was introduced in Austria in 1933 mainly by the Austrian Chancellor Engelbert Dollfuß and his followers in the Christlichsoziale Partei. Without doubt this ‘Autoritäre Ständestaat’, as it was called by its political architects in the Christlichsoziale Partei, was a dictatorial system established by the means of a coup d’état against the democratic parlamentary system of 1918–20. But was it also a fascist system? This article deals with the question whether the political system in Austria between 1933 and 1938 can be described as a ‘fascist’ one. To answer this question two approaches have been applied. The first approach compares the Austrian dictatorship with the large number of dictatorial systems which arose in the newly established states in Central Eastern Europe in the interwar period. The starting point of the second approach is the modern theory of fascism. The current discourse about the term ‘Faschismus’ will briefly be outlined and can then be applied at the ‘Austrofaschismus’. Both approaches lead to the same result: Under no circumstances can the Austrian Dictatorship of the 1930s be described as a fascist system. Rather it was one of those authoritarian systems which were typical in Central Eastern Europe in the interwar period. This article builds on the preceding article in this volume ‘Der "autoritäre Ständestaat" in Österreich und die Diktaturen im Osteuropa der Zwischenkriegszeit’.

Die Perspektive der modernen Faschismusforschung

Der Debatte um den ‘Austrofaschismus’ und die Eignung dieses Begriffs für eine halbwegs treffsichere Einordnung des autoritären politischen Systems in Österreich in das Spektrum der nichtdemokratischen, diktatorischen oder totalitären Systeme der Zwischenkriegszeit mangelt es häufig an einer Klarstellung, was man überhaupt unter dem Begriff des Faschismus zu verstehen hat.Footnote1 Eben dies sucht eine Branche der zeitgeschichtlichen politischen Ideengeschichte herauszuarbeiten, die sich mit einer allgemeinen Definition des Faschismus versucht, indem sie die gemeinsamen Merkmale aller von ihr ins Auge gefassten ‘faschistischen’ Systeme herauszuarbeiten trachtet.Footnote2 Allerdings ist es bis heute so recht nicht gelungen, eine allgemein anerkannte, überzeugende Definition der Ideologie und Praxis des Faschismus zu formulieren. Die Folge ist eine weitgehende Konturlosigkeit des Faschismusbegriffs;Footnote3 bis heute ist im Grunde unklar, wie weit bzw. wie eng er zu fassen ist. Alle Standpunkte werden hier vertreten: Von einer Einengung des Faschismusbegriffs auf das Italien Mussolinis bis hin zum weiten, im Ergebnis entgrenzten Faschismusbegriff letztlich marxistischer Provenienz, der dazu tendiert, unterschiedslos alle diktatorischen Regime ‘rechts’ unter diesen Begriff zu fassen, so dass es hierbei im Ergebnis keine Unterscheidung zwischen konservativ-’autoritären’ und ‘faschistischen’ Systemen gibt.Footnote4

Es kann hier aber nicht darum gehen, die verschiedenen Verästelungen der Faschismus-Diskussion im Einzelnen darzustellen. Die Frage lautet vielmehr: Was versteht man im wissenschaftlichen Diskurs wie im allgemeinen Sprachgebrauch unter ‘Faschismus’, mit welchen Inhalten wird er gefüllt und welche Assoziationen löst er gemeinhin aus. Die Debatte um den ‘Austro-Faschismus’ muss das berücksichtigen. Fasst man nun die jüngere Faschismus-Diskussion ins Auge, dann fällt auf, dass hier die Ideologie als wesentliches Abgrenzungskriterium herangezogen wird. Als einflussreich hat sich in jüngster Zeit vor allem eine von Roger Griffin vorgeschlagene ‘generische’ Definition des Faschismus erwiesen; sie beruht angeblich auf einem ‘neuen Konsens’, jedenfalls in der englischsprachigen Forschung.Footnote5 Es handelt sich dabei um eine idealtypische Faschismus-Definition, derzufolge man unter dem ‘Faschismus’ eine bestimmte ‘Gattung politischer Ideologie’ zu verstehen hat, genauer: eine Form von ‘populistischem Ultranationalismus’, dessen ‘mythischer Kern’ in der obsessiv verfolgten Idee einer unumgänglich notwendigen ‘Palingenese’ der in die Dekadenz abgesunkenen Gesellschaft besteht. Als ‘den ideologischen Kern des Faschismus’ sieht er den ‘utopischen Antrieb, das Problem der Dekadenz zu lösen durch die radikale Erneuerung der Nation’, die dabei ‘als organisches Ganzes’ verstanden werde.Footnote6 Griffin stützt sich hier auf Matthew Lyons, der das Phänomen des ‘Faschismus’ als ‘eine Form rechtsextremer Ideologie’ beschreibt, die ‘die Nation oder Rasse’, verstanden ‘als organische Gemeinschaft’ im Sinne eines obersten Wertes verherrliche. Der Faschismus betone ‘einen Mythos von nationaler oder rassischer Wiedergeburt nach einer Periode des Niedergangs oder des Zerfalls’. Zu diesem Zweck rufe der Faschismus nach einer ‘spirituellen Revolution’ gegen den ‘moralischen Niedergang der Gesellschaft, um ‘die organische Gemeinschaft’ der Nation von ‘andersartigen Kräften und Gruppen’ zu reinigen, die jene bedrohen. Er tendiere dazu, ‘Männlichkeit, Jugend, mystische Einheit und die regenerative Kraft von Gewalt zu verherrlichen’. Oft unterstütze er ‘Lehren rassischer Überlegenheit, ethnische Verfolgung, imperialistische Ausdehnung und Völkermord’.Footnote7 Alle faschistischen Bewegungen und Regime waren, so definiert Reichardt den Kern des Faschismus, ‘rassistisch und erklärten die “ethnische Reinigung” ihres Volkskörpers zu ihrem Hauptziel’.Footnote8

Die Art und Weise, wie dieser idealtypische ‘generische’ Faschismusbegriff gewonnen wird, ist sicherlich nicht unproblematisch. Die Frage ist, ob die Begriffsbildung hier im Grunde nicht auf einer Vorentscheidung beruht, die nicht weiter begründet wird: Der Entscheidung nämlich, welche politischen Systeme überhaupt in die Betrachtung einbezogen werden sollen. Je weniger das sind, desto enger und spezifischer wird dann auch der daraus abgeleitete Begriff sein, umgekehrt je weiter der Kreis der bei der Begriffsbildung ins Auge gefassten Systeme ist, desto weiter wird auch der Begriff ausfallen. Das Problem kann hier aber dahinstehen. Denn selbst wenn man sich über solche Zweifel hinwegsetzt und den sehr weiten ‘generischen Faschismusbegriff’ als Maßstab zugrunde legen möchte, wird der ‘autoritäre Ständestaat’ davon offensichtlich nicht erfasst: Dessen Ideologie wird von ganz anderen Leitbildern und Zielvorstellungen bestimmt.

Zur Ideologie des österreichischen ‘Ständestaates’

(1) In mancher Hinsicht ist die politische Ideologie des österreichischen ‘Ständestaates’ viel stärker dem Vergessen anheimgefallen, wie das politische und ideengeschichtliche Phänomen des Faschismus. Während letzterer – etwa in Italien – zumindest in einer ‘Neo’-Form nach wie vor lebendig und auf der politischen Bühne dieses Landes präsent ist, scheint der Politische Katholizismus, wie er im ‘Ständestaat’ zur offiziellen Leitideologie erhoben worden war, bereits vollkommen entrückt. Dies mag auch ein Grund dafür sein, dass er vielfach als ‘klerikale’ Variante des Faschismus kurzerhand mit diesem in einen Topf geworfen wird. Hinzu kommt, dass der Politische Katholizismus in seiner ‘ständestaatlich’ propagierten Form tatsächlich als etwas spezifisch Österreichisches betrachtet werden kann. Es dürfte wohl nur wenig Staaten gegeben haben, in denen man wie in Österreich tatsächlich Anstalten gemacht hat, die Katholische Soziallehre, wie sie zeitgenössisch insbesondere in der päpstlichen Enzyklika Quadragesimo anno von 1931 formuliert worden war, zum Regierungsprogramm zu machen.

Mit irgendwelchen ‘Faschismen’ hat diese Form des ‘Politischen Katholizismus’ allerdings nichts zu tun. Ja mehr noch: In vielem steht dieser in direktem Gegensatz zur faschistischen Ideologie und zwar auch dann, wenn man sich auf einen ausgesprochen weiten Faschismusbegriff einlässt, ja selbst dann, wenn man den Rassismus nicht zum ‘faschistischen Minimum’ rechnen möchte. Denn auch bei einem ganz weiten Verständnis ‘faschistischer’ Ideologie bliebe als deren ‘Kern’ der ‘utopische Antrieb’ (Griffin) zur radikalen ‘Erneuerung’ der durch die Moderne dekadent gewordenen Nation. Im Mittelpunkt der Ideologie steht also ‘Nation’ oder gar ‘Rasse’, die als oberster Wert verherrlicht werden. Daneben ist es der Topos von der Reinigung der Nation als einer organischen Gemeinschaft, dem hier eine zentrale Stellung zukommt.

Die Ideologie des österreichischen Ständestaates war demgegenüber in einer gänzlich anderen politischen Gedankenwelt beheimatet. Im Mittelpunkt der Ständestaatsideologie stand die Idee einer Neuordnung von Staat und Gesellschaft, allerdings nicht in einem nationalistisch-völkischen oder gar rassistischen Sinne, sondern mit einem höchst eigenartigen katholisch-neoständischen Gehalt, der in der historischen Rückschau wie aus der Zeit gefallen anmutet. Denn der Ständestaat stellte sich damit ‘quer zur bereits weitgehend säkularisierten Gesellschaft’,Footnote9 wie sie in den 30er Jahren auch in Österreich jedenfalls soweit Einzug gehalten hatte, dass sich auf die Idee einer ‘Rekatholisierung der Gesellschaft’ unmöglich so etwas wie eine ‘mitreißende Massenbewegung’ mehr gründen ließ, die man auch nur annähernd mit dem italienischen Faschismus oder dem Nationalsozialismus hätte vergleichen können. Das autoritäre System beruhte auf einem staatstheoretisch ausgefeilten Konzept, das sich mit seinem akademisch-theologischen Zuschnitt kaum massenwirksam implementieren, jedenfalls ungleich schwieriger ‘nach unten’ vermitteln ließ, als die an Simplizität nicht mehr zu überbietenden, dafür aber im brutalsten Sinne des Wortes ‘schlag’-kräftigen, leicht verständlichen und daher einprägsamen Parolen der Nazis.

Das eigentliche Spezifikum des österreichischen ‘Ständestaates’ war nicht der ‘Korporatismus’, denn der Korporatismus war in der Zwischenkriegszeit eine nahezu omnipräsente politische Idee – angefangen mit einem ‘spätfeudalen Korporatismus’ bis hin zum ‘liberalen K’. der Sozialpartnerschaft seit 1953.Footnote10 Korporatismus war also nichts, mit dem sich das autoritäre System in Österreich in irgendeiner Weise besonders abgehoben hätte. Kennzeichnend für den ‘Ständestaat’ war vielmehr die ausgeprägte kirchliche OrientierungFootnote11: Die katholische Kirche fungierte als hauptsächlicher ‘Ideologielieferant’Footnote12 des autoritären Systems: Den Kern seiner Legitimationsideologie bezog der ‘Ständestaat’ aus der katholischen Soziallehre. Das verband sich mit der Idee einer Rekatholisierung der Gesellschaft, die nun zum unmittelbaren Staats- und Gesellschaftsprogramm erhoben wurde: ‘1933 schien dem politischen Katholizismus in Österreich der Zeitpunkt für eine neue Offensive, für einen neuen Kreuzzug, für eine neue Gegenreformation gekommen: Die pluralistischen Strukturen in der Gesellschaft sollten zerschlagen, die Ideen von 1789 überwunden werden’.Footnote13 Von Bundespräsident Miklas ist die Prognose überliefert, ‘die Epoche der Säkularisierung des europäischen Geistes’ neige ‘sich ihrem Ende zu’Footnote14 und darauf gründeten sich augenscheinlich auch die Hoffnung der katholischen Kirche und des politischen Katholizismus,Footnote15 die Gesellschaft wieder ‘verchristlichen’ zu können, ‘im Rahmen des kleinen Österreich das Reich Christi und das Königtum Christi wieder aufzurichten’, wie es der Prälat Aemilian Schöpfer ausgedrückt hat.Footnote16

Hand in Hand mit dieser ‘Christkönigs-Ideologie’ ging der Aufbau eines neuartigen Österreich-Leitbildes, bei dem die Republik Österreich zwar immer noch entschieden als ein Land deutscher Kultur und Sprache betrachtet, das aber im Übrigen genau so entschieden einem nationalstaatlichen Konzept entgegengesetzt wurde: Österreich wird dabei zum ‘Bollwerk des christlichen Abendlandes’ gegen die ‘blutrünstigen Horden des Bolschewismus’ stilisiert.Footnote17 Deshalb kam dem Deutschen Katholikentag und den ‘Türkenbefreiungsfeiern’ in Wien bei der Selbstdarstellung und bei der ideologischen Selbstvergewisserung dieses katholischen Ständestaates auch ein zentraler Stellenwert zu, denn hier ließ sich vor einem gesamtdeutschen Publikum die Idee eines katholischen Österreich zelebrieren, das nicht nur der deutschen Nation, sondern dem ganzen ‘christlichen Abendland’ verpflichtet sei. Zentrales Element der neuen ‘Österreich-Ideologie’Footnote18 war eine nachgerade wunderliche Reichsidee, derzufolge die Republik Österreich zum Nukleus eines wiedererstandenen ‘Reiches’ werden könnte, das aber selbstverständlich nur als ‘Kulturreich’ gedacht war.Footnote19 Ein immer wiederkehrender Topos in der Selbstdarstellung des Ständestaates, wie sie etwa in der Zeitschrift ‘Das Neue Reich’ greifbar wird,Footnote20 war die sog. ‘Mission’ oder auch ‘die Sendung’ Österreichs: Diese liege in der Errichtung eines künftigen neuen ‘Heiligen Reiches’ in ‘organischer’ und ‘ständischer’ Gliederung.Footnote21 Die Konturen dieses neuen ‘Heiligen Reiches’ blieben allerdings gänzlich verschwommen – einmal wird tatsächlich explizit auf das Heilige Römische Reich deutscher Nation Bezug genommen, ein andermal wird die Idee eines wiederbelebten südosteuropäischen Großreiches mit Österreich als dem politisch und vor allem kulturell führenden Kern beschworen. Es war eine Synthese aus dem ‘Universalismus der alten Reichsidee und den Traditionen der Habsburgermonarchie’, auf der solche Ideen ‘einer übernationalen […] Ordnung Mitteleuropas’ (Wandruszka) beruhten.Footnote22 Teilweise ist auch deutlich zu erkennen, dass man hierbei auch an das bundesstaatliche Konzept des ‘Kaiserlichen Manifests’ vom Oktober 1918 anknüpfen wollte: ‘Als österreichische Aufgabe erkennen wir’, so heißt es in einem ‘Programm junger Katholiken’, ‘die führende Mitwirkung an einer einheitlichen politischen Neuordnung des Donauraumes und des europäischen Südostens […] im Rahmen eines Völker- und Staatenbundes’.Footnote23 Das alles war dezidiert gegen den zentralen Zielpunkt jeden deutschnationalen Konzeptes, nämlich gegen das Konzept eines großdeutschen Nationalstaates gerichtet, ja es war in einer fast rührenden Weise gegen das nationalstaatliche Prinzip selbst gerichtet, das mit der spezifisch ‘österreichischen Staatsidee’, wie sie im Ständestaat kreiert werden sollte, als nicht kompatibel betrachtet wurde. Nicht die ‘Körperlichkeit des jeweiligen Staates’ verleihe der ‘österreichischen Heimat’ ihren ‘lebendigen, unvergänglichen Sinn’, so Schuschnigg, sondern die ‘große gestaltende Seele des abendländischen Gedankens vom Heiligen Reich’.Footnote24 Eine Schrift des ‘Österreichischen Heimatdienstes’, der Propagandaorganisation der Vaterländischen Front betont daher auch, Österreich könne seine ‘Erfüllung’ niemals ‘in der nationalistischen Verengung, sondern nur in der universellen Weite’ und ‘nicht in der Verstaatlichung des Deutschtums, sondern nur in seiner vielgestaltigen […] geistigen und politischen Wirksamkeit finden’.Footnote25 Was auch immer mit dieser ‘Wirksamkeit’ gemeint sein mag, die neue katholisch deutsch-österreichische ‘Staatsidee’ war von irgendwelchen nationalstaatlichen Konzepten eben so weit entfernt, wie diejenige der Monarchie.

Selbstverständlich lag dies alles vollkommen außerhalb jeder realistischen politischen Perspektive und dazu passte es, wenn Kurt v. Schuschnigg von diesem ‘Heiligen Reich’ im mittelalterlich-augustinischen Sinne als dem ‘erdgebannten Schatten des corpus mysticum der Kirche’ sprach.Footnote26 Dessen abendländische Mission sei es, ‘den Mittelpunkt der Einheit eines im Frieden Christi geborgenen Abendlandes’ zu bilden, wie es in der Propagandaschrift ‘Österreichs Sendung – Unseres Vaterlandes Schicksalsweg’ von 1933 heißt.Footnote27 Mit solchen Projektionen war zwar der Brückenschlag zum Legitimismus möglich,Footnote28 aber dass sich diese in höchstem Maße akademisch-theologische und im Übrigen ganz nebulöse, um nicht zu sagen mystische Gedankenwelt eines zukünftig wiedergeborenen ‘Heiligen Reiches’ zu einer zündenden Idee entwickeln würden, mit der sich ‘die Massen’ irgendwie hätten mobilisieren lassen, war von vornherein ausgeschlossen.Footnote29 Es war der ziemlich hoffnungslose Versuch, der mittlerweile von den Nationalsozialisten besetzten Anschlussidee irgendetwas entgegenzusetzen und der übermächtigen Idee eines großdeutschen Nationalstaates mit dem Konzept eines ‘organischen Völkerbundes’ zu begegnen, der vom Schwarzen Meer bis zur Nordsee reichen sollte.

Bevor man dieses Ideengut nun vorschnell mit ‘Nationalismus’ oder gar ‘Faschismus’ in Verbindung bringt,Footnote30 ist folgendes zu bedenken: Was sich aus gegenwärtiger Sicht in der historischen Rückschau unter gänzlich veränderten Bewertungsmaßstäben als ‘Nationalismus’ ausnimmt, zählte vor dem zweiten Weltkrieg zum gedanklichen Allgemeingut im politisch-sozialen Selbstverständnis der Zeit. Es war mithin in allen politischen Strömungen der Zeit gleichermaßen anzutreffen – von ‘rechts’ bis ‘links’. Das gilt vor allem für die politische Leitidee von der Nation als einer Abstammungsgemeinschaft und ebenso für das nationale Selbstverständnis der (Deutsch-)Österreicher vor dem zweiten Weltkrieg: Niemand unter den Deutsch-Österreichern – gänzlich unabhängig von der politischen Ausrichtung – hätte vor dem Zweiten Weltkrieg ernsthaft in Zweifel gezogen, dass die Österreicher ein Teil der deutschen Nation sind. Es war diese Grundannahme, durch die der berühmte § 2 des Gesetzes über die Staatsform vom 12. November 1918 (‘Deutsch-Österreich ist ein Teil der deutschen Republik’) vorrangig motiviert war. Die vielbeschworene ‘Lebensunfähigkeit’ Deutsch-Österreichs in wirtschaftlicher Hinsicht war ohne Zweifel auch 1918 ein weiteres gewichtiges Argument für den ‘Anschluss’, aber erst im zeitgeschichtlichen Rückblick nach 1945 wurde es dann als das angeblich allein ausschlaggebende Motiv ganz in den Vordergrund gerückt. Wollte man aus der ‘Einbeziehung Österreichs in eine deutsche Nation’ auf einen spezifischen Deutschnationalismus schließen,Footnote31 dann träfe dies durchweg für alle Parteien zu und keineswegs nur für das wie auch immer abgegrenzte ‘rechte Lager’.Footnote32 Ebensowenig lassen sich aus der nationalen Rhetorik, wie sie von Anton Staudinger anhand des politischen Instruktions- und Propagandaschrifttums der VF in anschaulicher Weise geschildert wird, irgendwelche Schlüsse auf eine spezifisch ‘nationalistische’ Verankerung der Christlich-Sozialen ziehen. Zunächst einmal hat man hier zu berücksichtigen, dass solche Begriffe wie ‘Deutsches Volk’, ‘völkisch’, ‘Nation’ und ‘national’ vor 1945 noch vollkommen unbefangen verwendet wurden – und zwar durchgehend von allen Parteien. Schon ein kurzer Blick auf die Anschlussdiskussion in der Provisorischen Nationalversammlung im Vorfeld des Gesetzes über die Staats- und Regierungsform vom November 1918 reicht aus, um einen Eindruck davon zu bekommen, wie stark auch die Linke von einem politischen Gedankengut bestimmt war, das im modernen historiographischen Rückblick vielfach reichlich undifferenziert als ‘nationalistisch’ etikettiert wird.Footnote33 Und nicht anders war dies bei dem Topos von der Nation als ‘Abstammungsgemeinschaft’: Es war dies ein keineswegs nur unter den Sympathisanten der eigentlich ‘nationalen’ Parteien verbreiteter Glaube. Ähnliches gilt für die ‘Volksgemeinschaft’ – ein Wort, das heute gerne als untrüglicher Indikator für ‘Rassismus’, ‘Faschismus’ usf. genommen wird, das aber auch im politischen Wortschatz der Sozialdemokratischen Parteien in der Zwischenkriegszeit eine wichtige Rolle gespielt hat. Bei den schwedischen Sozialdemokraten war es der metaphorische Begriff des ‘Volksheims’ (‘Folkhemmet’), der dort als Platzhalter fungierte; ihm kam im Selbstverständnis der schwedischen Sozialdemokratie bekanntlich eine zentrale Bedeutung zu.Footnote34 Will man also zu einer halbwegs präzisen Beschreibung christlich-sozialer politischer Ideologie in der Zwischenkriegszeit kommen, insbesondere in Abgrenzung zu den eigentlich nationalen Parteien, dann darf man sich nicht mit dem Verweis auf die loci communes einer allgemein verbreiteten nationalen Rhetorik begnügen.

Die deutliche Distanz der Christlich-Sozialen Partei zum ‘Nationalismus’ zeigt sich nicht zuletzt in ihrer Einstellung zum Anschluss. Der Anschluss war ohne Zweifel das zuoberst angestrebte Ziel jeglichen nationalen Denkens in Österreich nach dem Ersten Weltkrieg, wobei es den ‘Nationalen’, wenn überhaupt, nur in zweiter Linie um wirtschaftliche Gesichtspunkte ging. Ausschlaggebend bei den ‘Nationalen’ war vielmehr die Idee der Nation als einer unteilbaren organischen Einheit. Mehrstaatigkeit einer Nation war damit delegitimiert; dies war schon im 19. Jahrhundert der Angriffspunkt der deutschen Nationalbewegung gegen die ‘Vielstaaterei’ des Deutsche Bundes gewesen (und hat i.ü. auch noch im sog. Wiedervereinigungsgebot des deutschen Grundgesetzes von 1949 nachgewirkt!). Bei einer Verortung der österreichischen Christlich-Sozialen im Spektrum der politischen Ideen darf nicht übersehen werden, dass die CSP gerade diejenige Partei war, die am frühesten und am deutlichsten auf Distanz zur Anschlussidee, dem Herzstück jeder nationalen Programmatik in Österreich, gegangen war und am frühesten auf der Eigenständigkeit Österreichs als eines zweiten, ja besseren, da dezidiert christlich-katholischen deutschen Staates, beharrt hatte. Hintergrund dessen war die vergleichsweise starke Verbundenheit dieser Partei mit dem monarchischen Staat Altösterreichs, so dass es ‘von Anfang an in weiten Kreisen’ der Christlich-Sozialen ‘beträchtliche Mentalreservationen gegenüber der Republik’ gab, die sich alsbald, nicht zuletzt kräftig gefördert durch Ignaz Seipel, zu einer prinzipiellen Ablehnung von Parlamentarismus und Demokratie steigerte.Footnote35 Folgt man Hanisch, dann wäre 1918, wenn es in diesem Moment überhaupt noch irgendetwas zu entscheiden gegeben hätte, die Mehrzahl der Katholiken für den Weiterbestand der Monarchie eingetreten,Footnote36 und dementsprechend reserviert war dann auch deren Einstellung zum neuen republikanisch-demokratischen Staat. Dies umso mehr, als sich die Staatsgründung ja zu großen Teilen als ein Werk der Sozialdemokraten darstellte. Die Ablehnung des Neuen wurzelte also in einem ganz traditionellen, stark religiös unterfütterten Konservativismus. Es liegt auf dieser Linie, dass es dann die Christlich-Sozialen waren, die als erste so etwas wie eine eigenständige österreichische Staatsidee zu kreieren suchten,Footnote37 die natürlich nicht demokratisch oder gar liberal, aber ebenso wenig genuin ‘national’ war. Im Gegenteil: Der ‘altösterreichisch, klerikal und habsburgisch gesinnte Separatismus’,Footnote38 der hier zum Vorschein kommt, stand ebenso in einem kaum zu überbrückenden Gegensatz zu jedem ‘nationalen’ Ansatz wie der damit verbundene Versuch, eine eigene, spezifisch österreichisch-katholische Identität zu schaffen.

(2) Noch eindeutiger ist das Bild, wenn man auf die katholische Soziallehre abstellt, die unbestrittenermaßen einen Grundpfeiler der Ideologie des autoritären Staates in Österreich bildete. Es bedarf keiner eingehenden Darstellung dieser Lehre, um zu zeigen, dass man dort keinerlei Bezüge zu einer ‘faschistischen’ Ideologie finden wird. Es handelt sich hier vielmehr um eine politische Ideenwelt, die in mancher Hinsicht zum ‘Faschismus’ in direktem Widerspruch steht, auch wenn man einen sehr weit gefassten Faschismus-Begriff zu Grunde legt. Hierzu reicht schon ein Blick in eine theoretisch-programmatische Schrift eines ‘der führenden Theoretiker des österreichischen Ständestaates’,Footnote39 Johannes Messner,Footnote40 und zwar unter dem Aspekt, wie hier Staat und Gesellschaft konzipiert werden. Messner hat in seinem Werk, Die soziale Frage der Gegenwart,Footnote41 eine katholische Staats- und Gesellschaftslehre und zugleich eine politische Programmschrift für den katholischen Staat vorgelegt, die sich im Kern als Weiterführung einer scholastischen Politik- und Gesellschaftslehre darstellt. Das zeigt sich schon im Bestreben Messners, die moderne Dichotomie von Staat und Gesellschaft zu überwinden, aber nicht in einem totalitären Sinne durch totale Verstaatung der Gesellschaft, sondern durch ein sehr deutlich an die mittelalterliche Scholastik angelehntes Ordnungsmodell, bei dem der Staat nur eine ‘gesellschaftliche Einheit’ unter zahlreichen anderen darstellt, die ihm teils über-, teils nachgeordnet sind. Er will damit ‘das Gesellschaftsdenken von der liberalistischen Zersetzung’ befreien, von der es mit dem Aufkommen der modernen Konzeption von Staat und Gesellschaft befallen wurde. Das Hauptübel dieses von ihm sog. ‘liberalistischen’ Konzepts sieht er darin, dass in ihm ‘die Individuen’ nur ‘unvermittelt summiert gedacht’ werden; es gibt also nur den modernen Staat, der alle von Menschen ausgeübte Herrschaft bei sich konzentriert und die diesem gegenüberstehende Gesellschaft, die aber nichts weiter ist als eine Summierung von Individuen zur ‘Masse’. Messner will hingegen zurück zu einer ‘ordo’ einer Vielfalt gestufter ‘Gemeinschaften’, die gleichzeitig wie konzentrische Kreise unterschiedlicher Größe ineinander gelagert sind. Das Ganze wird – auch dies im Sinne der mittelalterlichen Scholastik – als dem Menschen vorgegebene Ordnung göttlichen Ursprungs betrachtet und zwar nicht nur in einem theologischen, sondern auch rechtlichen Sinne, weil diese Ordnung zugleich als naturrechtlich vorgegeben interpretiert wird. Wesentlich ist, dass sämtliche in den Staat eingelagerten ‘natürlichen Gliedgemeinschaften’ auf keinen Fall als bloße ‘Selbstverwaltungseinheiten’ im modernen Sinne gedacht werden dürfen, die ihre Kompetenzen, ja ihre gesamte Existenz dem Staat verdanken, der sie als administrative Untereinheiten einrichtet und mit begrenzter Autonomie ausstattet, sondern als vorgegebene, eben ‘natürliche’ Gemeinschaften, die ihr Recht nicht vom Staat ableiten, sondern denen ein naturrechtlich legitimiertes ‘Eigensein und Eigenrecht’ zukommt, das unabhängig von jedem staatlichen Organisations- und Übertragungsakt besteht. Die Basis dieser gestuften Ordnung ‘natürlicher Gemeinschaften’ bilden die ‘mit ihren Kindern in Gemeinschaft lebenden Ehegatten’, also die Familie. Als ‘natürliche Gemeinschaft zum Zwecke der Versorgung der ihr Zugehörigen mit den wichtigsten Lebensgütern’Footnote42 ist sie nicht nur ‘die Urzelle der Gesellschaft, sondern auch das Urbild jeglicher Gemeinschaft’, und das bedeutet ‘genetisch’: Sie ist ‘logisch vor jeder anderen Gesellschaft, besonders auch vor dem Staate’. Darum kommen der Familie ‘natürliche Rechte’ zu, ‘die vor jeglichem staatlichen Rechte und unabhängig von ihm bestehen’. Die Familien sind zur ‘Gemeinde’ zusammengeschlossen, welch letztere durch den ‘gemeinschaftsbildenden Faktor’ der ‘Nachbarschaft, mit dem in ihr begründeten Bewusstsein des aufeinander Angewiesenseins und der von ihr geforderten gegenseitigen Hilfeleistung’ gebildet wird. Die Gemeinden wiederum bilden die ‘natürliche Gliedgemeinschaften nach Stämmen’, die allerdings nicht, wie man zunächst meinen könnte, in erster Linie als Abstammungsgemeinschaft, also ‘völkisch-rassisch’ definiert werden, sondern als Gruppe, die aus gemeinsamem ‘Heimatgefühl’ (‘einem der wichtigsten Quellgründe ursprünglichen Gemeinschaftslebens’), aus der ‘Landschaft’, vor allem aus den ‘geschichtlichen Kräften’ erwächst; letztere sind es, ‘welche die rassischen Elemente aus ihrer Ausschließlichkeit sehr weitgehend verdrängen’Footnote43 Von allen diesen vom Naturrecht vorgegebenen ‘natürlichen Gliedgemeinschaften’ unterscheidet sich nun der ‘Staat’ bei Messner nicht etwa dadurch, dass er das rechtlich-politische Gehäuse eines ethnisch definierten ‘Volkes’ abgäbe. Auch der Staat wird bei Messner vollkommen anational, nämlich von seiner Funktion her, bestimmt: Der Staat ist diejenige Gemeinschaft, die im Gegensatz zu allen anderen in ihn eingeordneten ‘Gliedgemeinschaften’ dem Menschen ‘die Möglichkeit der Befriedigung aller wichtigen Lebensbedürfnisse’ bietet, während die ‘Gliedgemeinschaften’ immer nur ‘bestimmte Güter’ bieten, immer nur bestimmte ‘Zwecke des Gemeinschaftslebens’ erfüllen können.

Das von Staudinger für den angeblichen ‘Deutschnationalismus’ der Christlich-Sozialen ins Feld geführte Schrifttum widerspricht dem nicht, sondern bestätigt es: Auch hier kommt ein durchaus anationales Staatsverständnis zum Vorschein, das gerade nicht am modernen Nationalstaat, sondern an einer übernationalen Staatsidee, einer theologisch überhöhten ReichsideologieFootnote44 orientiert war; sie war die ‘wesentliche ideologische Komponente des Regierungskurses’ im Ständestaat.Footnote45 Daher auch die vielfältigen Bezugnahmen auf die österreichische Monarchie und das Heilige Römische Reich deutscher Nation, deren tragendes Prinzip, nämlich die ‘universale und übernationale Gemeinschaftsform’, vom ‘Ständestaat’ wieder aufgegriffen und fortgeführt werden sollte – ein Motiv, das man etwa Hugo Hantsch antrifft,Footnote46 der den Staat als ‘nationales Besitztum’ ausdrücklich ablehnt und statt dessen einen ‘umfassenderen Begriff des Reiches’ propagiert. ‘Volk’ wird in diesem Schrifttum demgemäß auch nicht rassisch, sondern als ‘zuerst geistige Gemeinschaft’ definiert, als ‘eine Gemeinschaft des geschichtlichen Schicksals, der Kultur, der Sprache und der Religiosität’, und erst in zweiter Linie ‘als eine Gemeinschaft des Blutes und der Abstammung’, wie es in einer programmatischen Schrift ‘junger Katholiken’ heißt.Footnote47

Man mag das alles als eine ausgesprochen ‘vergangenheitsorientierte Sozialromantik’ bezeichnen, als eine Art ‘katholischen Neo-Korporatismus’, der keinerlei ‘Modernisierungsstrategie’ beinhaltete, sondern im Gegenteil ‘in eine verklärte Vergangenheit’ zurückführteFootnote48 – eines wird jedenfalls ganz deutlich: Diese neu-scholastische Staats- und Gesellschaftslehre weist keinerlei Bezüge zu einer ‘faschistischen Ideologie’ auf, jedenfalls dann nicht, wenn letzteres mehr sein soll, als eine bloße Begriffshülse.Footnote49 Im Gegenteil: Sie ist durch ihre Betonung der naturrechtlichen Bindungen des Staates, durch die überaus starke Relativierung, wenn nicht Auflösung des modernen Staatsbegriffs, die Betonung des SubsidiaritätsprinzipsFootnote50 und sein unmittelbares Anknüpfen an mittelalterlich-scholastischen Ordo-Vorstellungen vom Faschismus mindestens ebenso weit entfernt, wie der auf den vernunftrechtlichen (Gesellschafts-)Vertragskonzepten aufruhende Liberalismus. In der ‘rückwärts gewandten Utopie eines sozialen Ausgleichs innerhalb zünftischer und ständischer Konfliktlösungsmodelle’Footnote51 wird wohl zum letzten Mal in der politischen Ideengeschichte Europas ein Konservativismus sichtbar, der sich, anders als der erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstehende ‘nationale’ Konservativismus, an vormodernen Ideen und Leitbildern orientiert, also an gesellschaftlichen Ordnungsmodellen ‘Alteuropas’ vor 1789.Footnote52 Ja, weitergehend noch: Das hier zur Rede stehende Gedankengut kann bei seiner betonten Distanz zur Nationalstaatsidee nicht einmal als genuin ‘deutschnational’ oder gar als ‘nationalistisch’ bezeichnet werden. Im Gegenteil: Die politische Elite im ‘Ständestaat’ war, folgt man der Einschätzung von Maderthaner, nicht nur ‘restaurativ, autoritär’ und ‘antidemokratisch’, sondern auch legitimistisch, ‘schwarz-gelb’, klerikal und anschlussfeindlich,Footnote53 und aus allen vier zuletzt genannten Topoi ergab sich ein dezidierter Gegensatz zum ‘nationalen Lager’. Hierin unterschied sich der österreichische Ständestaat in der Tat deutlich von den osteuropäischen Diktaturen, bei denen sich in der Regel ein ‘konservativer Grundzug’ mit ‘nationalistischer Ideologie’ verbindet.Footnote54 Damit ist aber auch dem Prädikat ‘faschistisch’ die Grundlage entzogen: Eine konservative Ideologie als ‘faschistisch’ zu bezeichnen, die betont anational formuliert ist, liefe auf das Paradoxon eines ‘Faschismus’ ohne Nationalismus hinaus – eine pure contradictio in adiecto jedenfalls dann, wenn ‘Faschismus’ mehr sein soll als eine inhaltsleere Begriffsschablone.Footnote55

Die Heimwehren: ‘zweifellos faschistisch’?

Dass die Heimwehren ‘zweifellos faschistisch’ gewesen seien, gehört zu den besonders häufig reproduzierten historischen Topoi zum ‘Austrofaschismus’. Vielfach beruht diese Einschätzung allerdings nicht auf einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem einschlägigen Gedankengut, das man als ‘Heimwehr-Ideologie’ betrachten könnte, sondern auf der unreflektierten Übernahme festgefügter Narrative, die sich zu historiographischen Sprachgewohnheiten verdichtet haben. M. E. wäre aber hinter das Prädikat ‘zweifellos faschistisch’ durchaus ein Fragezeichen zu setzen. Gewiss: Die Heimwehren haben sich selbst – allerdings nur in einer bestimmten Phase ihrer Geschichte – als eine Faschismus bekannt, so dass man sie schon deshalb noch am ehesten als faschistisch bezeichnen könnte. Es gibt aber auch gewichtige Argumente, die gegen eine Einschätzung der Heimwehren als einer einheitlich ‘faschistischen’ Bewegung sprechen. Das beginnt schon mit dem Zweifel, ob es überhaupt möglich ist, eine so uneinheitliche und ‘widerspruchsvolle, aus dem Zusammenschluss der verschiedensten Gruppen bestehende, die längste Zeit nur durch den Antimarxismus und aus der Abneigung gegen die aus dem “Umsturz” […] hervorgegangene Republik verbundene Gruppierung’ als Ganzes einer bestimmten politischen Ideologie zuzuordnen.Footnote56 Nur unter großen Anstrengungen war es der Heimwehr überhaupt gelungen, so etwas wie eine ‘Bundesführung’ zu installieren, der gegenüber die regionalen Verbände aber weitgehend selbständig blieben. Diese gänzlich dezentrale Organisationsstruktur der Heimwehren war bedingt durch die Umstände ihrer Begründung: Die Heimwehren waren eine jener spontan gebildeten bewaffneten Selbstschutzverbände, wie sie unmittelbar nach dem Weltkrieg angesichts eines umfassenden Ordnungszerfalls und der Auflösung der bis dahin bestehenden staatlichen Ordnung in vielen osteuropäischen Ländern gebildet worden waren. Überall war dort, an der Peripherie des Zarenreiches und in der Österreich-Ungarischen Monarchie, die alte staatliche Ordnungsmacht im Herbst 1918 praktisch verschwunden, während sich die neuen staatlichen Strukturen allenfalls in statu nascendi befanden, so dass ein ausgeprägtes Machtvakuum entstand, das diese zunächst lokal gebildeten ‘Selbstschutzverbände’ auszufüllen suchten. Es handelte sich also bei diesen Verbänden nicht um eigentliche ‘Parteiarmeen’, wie der einige Zeit nach den Heimwehren und in Reaktion auf diese gegründete Republikanische Schutzbund oder der ‘Stahlhelm’ und die SA in Deutschland, die dann naheliegenderweise auch die ideologische Ausrichtung der jeweiligen ‘Gründungspartei’ übernehmen. Demgegenüber wiesen die Heimwehren in ihrer Anfangsphase ‘nicht einmal den Ansatz zu einer Ideologie’ aufFootnote57, denn sie sind im Ursprung nicht als bewaffneter Arm einer Partei zur Durchsetzung eines politischen Programms entstanden, sondern spontan in Reaktion auf ein bestimmtes Bedrohungsszenarium vor allem auf dem Land; später traten dann die Verbände im Solde Starhembergs hinzu. Das Ganze war im Ursprung weitgehend ideologiefrei und lediglich – bedingt durch den ländlichen Entstehungshintergrund – von einem ganz traditionellen Konservativismus und Antimodernismus unterfüttert, der allerdings nirgendwo in irgendwelchen ‘Programmen’ theoretisch ausformuliert worden wäre.Footnote58 Erst nachträglich – anscheinend maßgeblich initiiert durch Richard Steidle und Walter Heinrich – bekam die sich allmählich verbreiternde ‘Heimwehrbewegung’ dann die politische Philosophie Othmar Spanns ‘übergestülpt’.Footnote59

Fasst man nun dieses Gedankengut näher ins Auge, so erweist es sich, dass man hier mit dem Urteil ‘zweifellos faschistisch’ vorsichtig sein sollte. Dies gilt jedenfalls für diejenige Fassung der Staats- und Gesellschaftskonzeption Othmar Spanns,Footnote60 in der diese zur mehr oder weniger offiziellen Ideologie der Heimwehren gemacht wurde. Als Referenz soll hier eine Programmschrift von Walter Heinrich herangezogen werden, die dieser Ende der 20er Jahre unter dem Pseudonym ‘Reinald Dassel’ veröffentlicht hat;Footnote61 sie trägt den Titel ‘Gegen Parteienstaat – für Ständestaat’. Walter Heinrich, dem Kreis um Othmar Spann zuzuzählen,Footnote62 war 1929/30 als Generalsekretär der ‘Bundesführung der Heimwehr’ tätigFootnote63 und suchte in dieser Funktion die Heimwehr an die politische Ideologie Spanns heranzuführen.Footnote64 Seine Schrift gegen den ‘Parteienstaat’ wurde augenscheinlich in der Absicht verfasst, den Heimwehrmännern das höchst komplexe politische Denken Othmar Spanns irgendwie verständlich zu machen. Schon der Titel seines Pamphlets ist eine Art Richtungsweisung für den Heimwehrmann, den ‘Hahnenschwanzler’: Die Heimwehr zieht gegen den ‘Parteienstaat’ und für den ‘Ständestaat’ ins Feld. Durch Kürze des Textes und appellhafte Zuspitzung des Stils wird hier das politische Ideengut Othmar Spanns popularisiert. Die Kürze ermöglicht hohe Auflagenzahlen und damit eine vergleichsweise breite Streuung; demgemäß ist das schmale Bändchen auch im ‘Verlag des Steirischen Heimatschutzverbandes’ verlegt worden.

Es zerfällt in zwei Teile: Eine Kritik des ‘liberal-demokratischen Parteienstaats’ und des parlamentarischen Systems, zum anderen wird ein politisches Alternativkonzept entwickelt, das an die Stelle des von Heinrich angefeindeten ‘Parteienstaates’ treten soll – eben der ‘Ständestaat’.

Zunächst nimmt Heinrich den ‘liberal-demokratischen Parteienstaat’ und dessen ideologische Grundlage, den Liberalismus, ins Visier.Footnote65 Die zentrale Denkfigur der liberalen Staatslehre ist die Lehre von der Volkssouveränität und dem Gesellschaftsvertrag – ideologische Konstrukte, die Heinrich den ‘Völkern des Westens’ zuweist, die hier ‘Lehrmeister’ der Deutschen gewesen seien. Der ‘liberal-demokratische Staat’ sei gekennzeichnet durch drei ‘Ideale’, nämlich ‘Führerlosigkeit’, ‘Gleichheit’ und schließlich ‘Zentralismus’. Ersteres, die ‘Führerlosigkeit’ ist bei Heinrich bedingt durch den auf das engste mit dem Liberalismus verbundenen Individualismus, der alles auf den einzelnen Menschen, auf das Individuum aufbaue. In der entscheidenden ‘Frage alles gesellschaftlichen Lebens’, bei wem ‘die oberste Entscheidung, die Führung’ liegen solle, setze der Liberalismus radikal ganz auf den ‘Einzelnen, der sich selbst bestimmt’. Im Liberalismus, wie ihn Heinrich versteht, ist also letztlich jedermann sein eigener Führer; der Liberalismus sei demgemäß ‘letzten Endes anarchisch’. Dadurch werde der Liberalismus zur Vorstufe des Bolschewismus: Der Liberalismus bewirke zunächst ‘Führerlosigkeit’, diese wiederum löse unweigerlich die Anarchie aus, und dies gebe dann schließlich dem Bolschewismus Raum.Footnote66

Bei der zweiten tragenden Säule des ‘liberal-demokratischen Parteienstaats’, der Idee der Gleichheit, setzt die Kritik Heinrichs vor allem beim gleichen Wahlrecht an: Dieses sei mit der Vorstellung und zugleich mit dem Ideal verbunden, durch gleiches Stimmengewicht jedermann gleichen Einfluss auf die legislativen Entscheidungen des Staates zu eröffnen – in der Einschätzung Heinrichs ein Unding: Denn nicht jedermann könne in jeder Sachfrage gleich kompetent entscheiden. Das mit der parlamentarischen Demokratie eng verbundene Gleichheitsideal stoße sich vollkommen an den faktisch überall gegebenen Unterschieden zwischen den Menschen, was deren Kenntnisse und Fähigkeiten anbelangt. Beim gleichen Wahlrecht – so der zentrale Vorwurf Heinrichs – entscheide nicht der Sachverstand, sondern ausschließlich die Stimmenmehrheit. Zählt aber ausschließlich die Stimmenmehrheit, gänzlich unabhängig vom Sachverstand der Stimmberechtigten für die jeweils zu entscheidende Frage, so bleibe die sachlich richtige Entscheidung im Endergebnis dem Zufall überlassen.Footnote67

Der dritte Frontalangriff gegen den ‘liberal-demokratischen Parteienstaat’ setzt beim Parlamentarismus an. Dieser beruhe auf einer Täuschung, indem sie dem ‘Volk’ ein eigenes Letztentscheidungsrecht vorgaukele, das aber vollkommen illusionär sei. Denn in Wahrheit herrsche in den Demokratien westlichen Typs nicht der Demos. Vielmehr seien diese Demokratien von einer Institution beherrscht, die Heinrich ‘neue Zwischengebilde’ nennt, und damit meint er die modernen Massenparteien – ‘Unternehmungen zur Massenbeeinflussung’, wie er sie beschreibt. Keine unter ihnen könne in Anspruch nehmen, das ‘Volk’ in seiner Gesamtheit zu vertreten, vielmehr handele es sich um reine ‘Interessenvertretungen’, von denen jede für ihre eigene Wählerklientel ‘von der Gesamtheit möglichst viel herausschlagen’ wolle.Footnote68 Durch die ‘neuen Zwischengebilde’ werde die Idee des Parlaments als einer einheitlichen ‘Nationalrepräsentation’ zur reinen Fiktion. Der ‘demokratisch-liberale Parteienstaat’ sei keine ‘wahre Demokratie’, denn das Parlament, das sich berühme, eine Vertretung des gesamten Volkes zu sein, sei faktisch durch die neuen ‘Zwischengewalten’ ausgeschaltet. Der Kern des Übels sind bei Heinrich also die ‘neuen Zwischengewalten’ in Gestalt der Parteien. Sie erscheinen bei Heinrich als Instrumente dahinterstehender, in keiner Weise zur Herrschaft legitimierter Wirtschafts- und Geldmächte, die über die von ihnen gesteuerten Parteien nach der Macht im Staate greifen.Footnote69

Die Alternative zum ‘liberal-demokratischen Parteienstaat’, der ‘Staat der Gerechtigkeit und Ordnung’, wie ihn Heinrich nennt, soll nach drei ‘Baugesetzen’ geordnet sein: Deren erstes lautet: ‘Führung durch den Sachkundigen’. In der parlamentarischen Demokratie herrschten, so Heinrich, ‘nicht Sachkenner, sondern Demagogen’. Denn letztere verständen es viel besser die Massen für ihre Zwecke zu mobilisieren. Das rationale Argument des Sachkenners habe es demgegenüber viel schwerer, bei den Massen anzukommen. Eben deshalb könnten sich in der parlamentarischen Demokratie ‘die Sachgehalte immer schwerer durchsetzen’.Footnote70 Die rationale Sachentscheidung, die das große Ganze im Auge behält, gerate bei einer Entscheidungsfindung im ‘Verfahren des Auszählens’ der Mehrheit ins Hintertreffen. Die zentrale Forderung Heinrichs lautet daher: Nicht Volkssouveränität, sondern ‘Sachsouveränität’. ‘In jedem Stand’ müsse der ‘Sachkenner, der Fachmann’ entscheiden. Denn: ‘Über die Wahrheit kann man nicht abstimmen’.Footnote71

Die Forderung nach ‘Sachsouveränität’ beruht auf einer ständestaatlichen Konzeption, mit der der ‘Vermassung’ der modernen Industriegesellschaft entgegengewirkt werden soll: ‘Die einzelnen und die Masse stehen nicht mehr dem Staat unmittelbar gegenüber, sondern jeder Staatsbürger ist in seinem Stande aufgehoben’.Footnote72 Wie auch bei Messner soll die moderne Dichotomie von Staat und Gesellschaft überwunden werden durch die Gliederung der Gesellschaft in Berufsstände, die allerdings weit mehr sein sollen, als bloße Organe beruflicher Selbstverwaltung. Es handelt sich bei diesen ‘Ständen’ vielmehr um ‘arteigene Lebenskreise’, wie es Heinrich nennt; in ihnen ist der Einzelne mit seiner ganzen Person und nicht nur in Hinblick auf seine spezifisch ökonomischen Interessen verwurzelt. Auf diese Weise soll das traditionelle vormoderne Ständeschema an die moderne Erwerbsgesellschaft angepasst werden, in der der Mensch vorrangig über seinen Beruf definiert wird. Durch die Gliederung in Erwerbsstände soll zugleich der desintegrative Faktor der Parteien ausgeschaltet werden, denn zwischen den Einzelnen und den Staat (‘die Gesamtheit’) sind hier in Gestalt der Stände ‘echte Zwischengebilde eingeschoben’, die nicht mehr wie die Parteien ‘die Solidarität des Ganzen zu sprengen trachten’, sondern ‘durch das Ganze zusammengehalten werden’.Footnote73

Dass sich auch Heinrich mit seiner Idee einer Überwindung der modernen, als ‘Nation’ gedachten Gesellschaft durch deren Auflösung in unterschiedliche soziale ‘Lebenskreise’ an der vormodernen Ständegesellschaft orientiert, tritt auch im zweiten ‘Baugesetz’ seiner Gesellschafts- und Staatskonzeption zutage: Als zweites ‘Baugesetz’ formuliert Heinrich die ‘organische Ungleichheit der Gruppen’.Footnote74 Im ‘ständischen Staate’ ergebe sich ‘eine aufgestufte (hierarchische) und autoritäre Schichtung der Stände’. Auch dies ist dem modernen Gesellschaftskonzept diametral entgegengesetzt, das seinerseits gerade als Gegenmodell zu einer hierarchisch angeordneten Ständeordnung entstanden war.

Das dritte ‘Baugesetz’ ist schließlich dem für den modernen Staat typischen Zentralismus entgegengesetzt: ‘Das Gefüge des ständischen Staates ist nicht zentralistisch, sondern dezentralistisch’. Allerdings ist es nicht das moderne bundesstaatliche Dezentralisierungskonzept, das Heinrich hier vorschwebt, vielmehr propagiert er eine Verlagerung aller nicht notwendigerweise zentral zu erledigenden öffentlichen Aufgaben und Funktionen auf ‘die Stände’: ‘Im ständischen Staate verwalten die einzelnen Stände ihre eigenen Angelegenheiten grundsätzlich selbst’. Die staatlicherseits zentral wahrzunehmenden Aufgaben beschränken sich abgesehen von der Außenpolitik im Wesentlichen auf die Koordination der einzelnen ständischen Selbstverwaltungskörper: ‘Der ständische Staat kann die bürokratische Führung auf ein Mindestmaß einschränken, weil die Stände ihre Angelegenheiten grundsätzlich selbst führen’.Footnote75 Auch mit diesem dezidierten Antizentralismus steht die Staatskonzeption Spanns im Gegensatz zum Faschismus sowohl italienischer als auch deutscher Ausprägung. Denn beide ‘Faschismen’ suchten einen konsequent zentralistischen Führerstaat zu verwirklichen; die ‘Gleichschaltung der Länder’ war eine der ersten Maßnahmen Hitlers und ein hochrangiges Ziel Mussolinis lag in der möglichst restlosen Überwindung des in Italien traditionell stark ausgeprägten Regionalismus.Footnote76

Man wird sich schwer damit tun, in diesem eigenartigen neoständischen KonzeptFootnote77 irgendwelche spezifisch ‘faschistischen’ Elemente zu identifizieren. ‘Eindeutig faschistisch’ kann dieses Gedankengut schon deshalb nicht sein, weil es kaum irgendwo mit nationalistischer Rhetorik unterfüttert ist. Wie bei Messner begegnet vielmehr auch bei Heinrich ein a-nationales Staats- und Gesellschaftskonzept.Footnote78 Das Ganze hat zwar eine deutlich antiindividualistische Spitze, es ist dies aber keineswegs ein totalitärer Antiindividualismus, der den Einzelnen in das Kollektiv des ‘Volkes’ (‘Du bist nichts, Dein Volk ist Alles!’) oder der proletarischen Klasse hineinzuzwingen, sondern der im Gegenteil das große Kollektiv der ‘Nation’ in eine Vielfalt von ‘Lebenskreisen’ aufzulösen sucht. Das lief jeglichem Nationalismus stracks zuwider, der danach trachtet, den Einzelnen weitgehend in das Kollektiv der einheitlichen Nation zu integrieren. Allein schon in diesem Punkt lässt sich hier ein ausgesprochener Gegensatz zu allen Formen nationalistischer oder gar faschistischer Gesellschaftskonzeptionen ausmachen. Es ist daher auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass Heinrich wie auch dessen Mentor Othmar Spann von den Nazis als ideologischer Gegner betrachtet wurde, den es beiseite zu schaffen galt.Footnote79 Auch von der Verherrlichung von ‘Männlichkeit und Jugend’ und vom Glaube an ‘die regenerative Kraft’ der Gewalt, die in der heute gängigen ‘generischen’ Faschismus-Definition als als typische Bestandteile der faschistischen Ideologie betrachtet werden, kann überhaupt keine Rede sein.

Aus dem gleichfalls von Walter Heinrich verfassten sog. ‘Korneuburger Eid’,Footnote80 der allerorten als ‘Beweis’ für die angeblich zweifellos faschistische Ideologie der Heimwehr hervorgezogen wird, ergibt sich nichts anderes. Abgesehen davon, dass dieses ‘Bekenntnis’ keineswegs von allen Heimwehrgruppen akzeptiert wurde und letztlich nur zur Desintegration und damit zur Schwächung der ohnehin nur sehr locker verbundenen Heimwehrbewegung führte,Footnote81 enthielt dieser Eid nichts anderes, als eine zur Formel komprimierte und zugespitzte Zusammenfassung des Heinrich’schen Pamphlets gegen den ‘Parteienstaat’. Wie jenes beinhaltet auch der ‘Korneuburger Eid’ eine polemische Verurteilung eben dieses ‘Parteienstaates’ und des ihn tragenden ‘westlichen demokratischen Parlamentarismus’ sowie die historisch eng mit ihm verbundene ‘liberal-kapitalistische Wirtschaftsgestaltung’. Stattdessen wird auch im ‘Eid’ die ‘Selbstverwaltung der Stände und eine starke Staatsführung’ gefordert, ‘die nicht aus Parteienvertretern, sondern aus den führenden Personen der großen Stände gebildet’ werden soll. Das geht konsequenterweise Hand in Hand mit der ‘Selbstverwaltung der Wirtschaft auf berufsständischer Grundlage’, mit der der Klassenkampf überwunden und ‘eine bodenstarke und gemeinnützige’ Wirtschaftsordnung begründet werden soll. Der Korneuburger Eid geht nirgendwo über das hinaus, was Heinrich andernorts in seinem Schrifttum programmatisch ausführt; auch der ‘Eid’ wurzelt in einem letztlich anationalen Korporatismus Spann’scher Provenienz.

Wie wenig der weitaus überwiegende Teil der Heimwehr, abgesehen vom Steirischen Heimatschutz um Pfrimer, mit irgendeiner spezifisch ‘nationalistischen’ oder gar rassistischen Programmatik am Hut hatte, zeigt sich in ihrem auffallenden Desinteresse am AnschlussFootnote82 und nicht zuletzt in dem Umstand, dass ‘der Antisemitismus bei den Heimwehren […] von geringerer Bedeutung’ war ‘als bei der stärker von der Kirche beeinflussten CSP’, wie es Angelika Königseder in aller Vorsicht ausgedrückt hat.Footnote83 Das mag man auf ‘die Unterstützung der Heimwehren durch ihre jüdischen Geldgeber’ zurückführen,Footnote84 aber das ändert nichts an der bemerkenswerten Indifferenz der Heimwehr in diesem Punkt, die sich im Übrigen sehr gut in das Bild einfügt, das die Heimwehren zu ihrem weitaus überwiegenden Teil abgaben: Im Ursprung weitgehend ideologiefreie, von einem ganz traditionellen ländlichen Konservativismus geprägte pragmatische Selbstschutzverbände, denen dann erst in ihrer Schlussphase von ihrer ohnehin nur sehr schwachen ‘Bundesführung’ so etwas wie eine ‘offizielle Ideologie’ verpasst werden soll. Nimmt man das alles zusammen, dann hat die Einschätzung von Wiltschegg einiges für sich, dass der allerorten gehandelte ‘Heimwehr-Faschismus genauer betrachtet gar keiner war’.Footnote85

Der ‘praxeologische’ Ansatz

Zeigt schon die Ideologie des österreichischen Ständestaates keine Berührungspunkte mit derjenigen des Faschismus, so tritt der prinzipielle Unterschied zwischen dem österreichischen ‘Ständestaat’ und dem ‘Faschismus’ noch einmal um einiges schärfer zu tage, wenn man einen Gesichtspunkt in die Untersuchung einbezieht, der gleichfalls in der ‘Faschismusforschung’ jüngster Provenienz in den Vordergrund gerückt worden ist. Es handelt sich dabei um einen Ansatz, der vielleicht etwas prätentiös als ‘praxeologische Analyse’ daherkommt, aber er enthält einen sehr wichtigen Gesichtspunkt, der in der Debatte um den ‘Austrofaschismus’ auf keinen Fall übersehen werden darf. Schlichter ausgedrückt geht es bei dieser ‘Analyse’ um den in der Tat ganz entscheidenden Gesichtspunkt der Herrschaftspraxis eines bestimmten Regimes, um die ‘kulturhistorische Untersuchung von Denkstilen und Verhaltensmustern’.Footnote86 ‘Das Handeln und Kommunizieren der Menschen steht im Mittelpunkt des praxeologischen Interesses’.Footnote87

Aus solcher Perspektive definiert Sven Reichardt den Faschismus ‘als eine Form politischer und sozialer Praxis’, die sich ‘in Symbolen, Ritualen und Weltsichten einer rassistischen und “völkisch” homogenen Gemeinschaft artikulierte’.Footnote88 Fasst man nun diese ‘soziale Praxis’ und die davon ‘ausgehenden Sinnmuster’ näher ins Auge, so fällt vor allem ‘die gewaltbestimmte Performanz’ auf, die den faschistischen Systemen ‘schon in der Aufstiegsphase’ ihr Gepräge gaben. Gewalt wurde nicht nur zum ‘entscheidenden Prinzip der nationalsozialistischen Gesellschaftsorganisation’, sondern zu einem ‘bezeichnenden Zug’ des Faschismus ganz generell. Reichardt spricht geradezu von einem ‘Todeskult’, einem ‘ästhetisierten Kult der Gewalt’ als dem allgemeinen ‘Ausdruck des faschistischen Selbstverständnisses’.Footnote89 Was ‘die Faschismen einte’, war die bis zum äußersten Extrem gesteigerte Gewaltsamkeit der politischen Praxis.Footnote90 Konstitutiv für die ‘gewaltsame Tatgemeinschaft des Faschismus’ war der ‘Glaube an den Wert des Krieges’: ‘Im Krieg’, so Reichardt, ‘fand der Faschismus zu sich selbst’.Footnote91 Der Faschismus habe

seine politische Gestalt im Krieg gefunden, und er radikalisierte sie bis zum Vernichtungskrieg. Es ist kein Zufall, dass sich gerade im Krieg die faschistischen Vernichtungsphantasien konkretisierten und realisierten. Die Vorstellung, Ordnungsstiftung durch Gewalt und Ausmerze zu erreichen, wurde durch die Möglichkeiten, die sich im Krieg boten, zur gesellschaftlichen Realität.Footnote92

Auch Tálos spricht diesen ‘praxeologischen’ Aspekt an: Auch im Austrofaschismus sei ‘der Einsatz von Terror und Kontrolle zum Mittel der Sicherung politischer Herrschaft’ geworden – wenn auch, so schränkt Tálos ein, ‘in vergleichsweise geringerem Ausmaß’. Das kann aber nur heißen: Zwischen den beiden ‘Faschismen’ – dem ‘Austro-Faschismus’ und dem Nationalsozialismus – mag es hinsichtlich ‘Terror und Kontrolle’ quantitative Unterschiede gegeben haben, diese lassen aber die prinzipielle Gleichartigkeit der beiden Systeme als ‘faschistische’ unberührt.

Gerade in diesem Punkt zeigt nun aber die fatale Annäherung zweier unterschiedlicher politischer Systeme unter einem unreflektierten Faschismusbegriff eine höchst bedenkliche Konsequenz: Es sind die unvermeidlichen Rückwirkungen, die ein uferloser Faschismusbegriff für das Bild des Nationalsozialismus in der historischen Erinnerung hat. Mit der Dämonisierung der antidemokratischen Züge autoritärer Diktaturen, ist – darauf hat Wippermann eindringlich hingewiesen – ‘untrennbar’ die Gefahr verbunden, ‘den terroristischen und tendenziell totalen Charakter von faschistischen Diktaturen zu verharmlosen’.Footnote93 Zu verharmlosen durch ‘Normalisierung’ des Nazismus, wie es Saul Friedländer ausgedrückt hat: Ein uferloser Faschismusbegriff führe zu einer ‘bis zum Exzess getriebene(n) Normalisierung’ des Nazismus und der Judenvernichtung.Footnote94 Das soll heißen: Wirft man den Nationalsozialismus mit allen möglichen nichtdemokratischen und illiberalen Regimen unter dem gemeinsamen Etikett des ‘Faschismus’ in einen Topf, dann führt dies unweigerlich dazu, dass die monströse Einmaligkeit im Bild des Nationalsozialismus verblasst; die Grau-in-Grau-Malerei nahezu omnipräsenter ‘Faschismen’ verwischt in der historischen Erinnerung jene Singularität, die dem nationalsozialistischen System in seiner Herrschaftspraxis einer vollkommen entgrenzten Gewalt eigen war.Footnote95

Gerade unter dem ‘praxeologischen’ Gesichtspunkt muss die prinzipielle Andersartigkeit des nationalsozialistischen Deutschland und des österreichischen ‘Ständestaates’ daher in aller Schärfe betont werden – eine prinzipielle Andersartigkeit, die nicht unter dem unifizierenden Schleier eines grenzenlosen Faschismusbegriffs verschwinden darf. Es ist gerade der Gesichtspunkt der total entgrenzten Gewalt, der das nationalsozialistische Regime in der Rückschau geradezu als ‘Zivilisationsbruch’ dastehen lässt: Ein System, das den systematischen Massenmord zu seinem politischen Programm gemacht hat. Ein System, das den massenhaften Tod nicht nur hinnahm, weil dieser zur Erreichung anderer politischer Ziele unumgänglich erschien, sondern ein System, in dem der Massenmord um seiner selbst willen durchgeführt wurde: Ein zentrales politisches Ziel der Nationalsozialisten war die möglichst konsequente ‘Ausmerze’ der ‘unreinen’, da ‘rassisch minderwertigen’ Teile des Volkskörpers. Die entgrenzte Gewalt kulminierte in den industriellen Tötungsanlagen der nationalsozialistischen Konzentrationslager, aber sie wurde auch in höchst brutaler Weise sichtbar im sog. ‘Novemberpogrom’ 1938, das eine unerhörte Gewaltwelle über das ‘Großdeutsche Reich’ rollen ließ, und sie zeigt sich nicht zuletzt in der Blitzartigkeit, mit der sie beim Zugriff auf den politischen Gegner entfesselt wurde, sobald die Nazis 1933 an das Ruder der Macht gekommen waren– eine Blitzartigkeit, die sich 1938 in Österreich wiederholt hat, als noch in der Nacht vom 11. auf den 12. März der Zugriff auf den politischen Gegner – darunter nicht zuletzt die Funktionselite des niedergeworfenen ‘Ständestaates’ – erfolgte und die Gefangenentransporte nach Dachau zusammengestellt wurden; für viele der Verhafteten war es eine Fahrt in einen langsamen und qualvollen Tod.

Selbstverständlich beruhte auch das Dollfuß-Regime nicht auf einem demokratischen Machtwechsel, sondern auf einem Staatsstreich, der insbesondere bei der Ausschaltung der Sozialdemokratie ausgesprochen gewaltsam war. Aber das gilt für sämtliche osteuropäische Diktaturen auch: Meistenteils wurde dort die parlamentarisch-demokratische Ordnung gewaltsam im Wege eines Staatsstreiches beseitigt. Hier wie auch in Österreich in den Jahren zwischen 1933–38 kann von einem ‘ästhetisierten Kult der Gewalt’,Footnote96 von einer ganz spezifischen ‘gewaltbestimmten Performanz’, wie er den Faschismus in Deutschland und Italien geprägt hat, ebenso wenig die Rede sein, wie von dem extrem aggressiven und eroberungslüsternen Expansionismus dieser beiden Länder. Die Diktaturen Osteuropas – und nicht anders die Republik Österreich – waren ausschließlich defensiv agierende Kleinstaaten, die angesichts der rasant wachsenden tödlichen Bedrohung, die für ihre Weiterexistenz östlich und westlich von ihnen entstand, einen geopolitischen Nischenplatz suchten, um ihr Überleben zu sichern.Footnote97

Man darf hier aber vor allem nicht aus dem Blick verlieren, dass es sich bei der inneren Gewalt, mit der diese autoritären Systeme etabliert wurden, um etwas prinzipiell und nicht nur graduell anderes handelte, als das, was im Nationalsozialismus über die Bühne ging. Es handelt sich im ersteren Fall um Formen staatlicher Repression, wie seit der Herausbildung des modernen Flächenstaates in der ganzen Neuzeit gang und gebe waren, und wie sie auch in den verfassungspolitischen Konflikten des 19. Jahrhunderts allerorten praktiziert wurde. Die Beschießung und anschließende Erstürmung Wiens durch das reguläre Militär im Frühjahr 1849 hatte mit Sicherheit um einiges mehr die Züge eines ‘Bürgerkrieges’ als die Niederwerfung des sozialdemokratischen ‘Februaraufstandes’ 1934. Selbstverständlich waren die Straßenkämpfe in Berlin, München und Dresden 1848 um nichts weniger blutig. Die Hungerrevolte der ‘Weber’ in Schlesien 1846 wurde vom preußischen Militär schlicht und einfach zusammengeschossen.Footnote98 Und die Gewaltsamkeit des von der sozialdemokratischen (!) Reichsregierung angeordneten und von zahlreichen brutalen Übergriffen begleiteten Reichswehreinsatzes zur Niederwerfung der kommunistischen Aufstände in Sachsen, Thüringen und im Ruhrgebiet stellten die Ereignisse um den 12. Februar 1934 in Österreich bei weitem in den Schatten.Footnote99

Kennzeichen der totalen, der vollkommen entgrenzten Gewalt im nationalsozialistischen Herrschaftssystem war es hingegen, dass es sich hierbei ganz überwiegend gerade nicht um eine ‘re-pressive’ Gewalt handelte, die gegenüber einem auch nur potenziellen gesellschaftlichen Widerstand zum Einsatz gekommen wäre, sondern um eine Gewalt, die sich – gänzlich unabhängig von jeder Opposition und jeder Widerständigkeit – allein aus der Umsetzung eines politischen Programms einer rassistischen ‘Säuberung’ des Volkskörpers ergab. Gewalt in Form eines Massenmordes, der, gegen jede utilitaristische Überlegung’ durchgeführt wurde, bar jeden ökonomischen, militärischen oder auch nur taktisch-politischen Sinns.Footnote100 Allein dieser grundlegende und prinzipielle Unterschied verbietet von vornherein jede Semantik des ‘Mehr oder Weniger’, will heißen: eine Semantik, die die konservativ-autoritären Systeme als harmlosere, lediglich graduell weniger gewalttätige Variante des italienischen Faschismus oder gar des Nationalsozialismus erscheinen lässt.Footnote101

Resümee

Ein halbwegs handhabbarer Begriff des Faschismus, der mehr sein soll, als ein inhaltsloses Etikett, unter dem dann umstandslos alle antiparlamentarisch-antidemokratischen, antiliberalen und antimarxistischen Ideologien in einen Topf geworfen werden, muss spezifische Merkmale beinhalten, die als Maßstab dienen können, mit dem sich ein ‘faschistisches’ System von anderen antidemokratischen politischen Ordnungen unterscheiden lässt. Die Bemühungen der modernen Faschismusforschung um eine Schärfung des Faschismusbegriffs setzen vor allem bei der Ideologie, gleichermaßen aber bei der ‘Praxeologie’ an. Legt man diese zwei Kriterien zugrunde, dann kann es sich bei der österreichischen Diktatur der 30er Jahre nicht um ein faschistisches System gehandelt haben. Vielmehr ordnet sich der ‘Ständestaat’ bruchlos in das Spektrum jener meistenteils gleichfalls kurzlebigen Diktaturen der Zwischenkriegszeit in Osteuropa ein, die dort jeweils die Nachfolge gescheiterter parlamentarisch-demokratischer Systeme angetreten hatten.Footnote102 Denn wie auch immer man den ‘Faschismus’ definieren mag, ob mit Ein- oder unter Ausschluss des Nationalsozialismus und seines spezifischen Rassismus, so bleibt als ideologischer Kern doch in jedem Fall ein beim Faschismus ins Extreme gesteigerter Nationalismus,Footnote103 und ein solcher war der Ideologie des autoritären Ständestaates evidentermaßen fremd. Dass der politische Katholizismus auch einen national orientierten Flügel hatte, der um einen Brückenschlag zu den Deutsch-Nationalen, ja den Nationalsozialisten bemüht war, ändert am ideologisch anationalen Mainstream der Christlich-Sozialen ebenso wenig, wie sich aus dem Vorhandensein eines linken Flügels um Ernst Winter oder die Christliche Arbeiterbewegung auf eine Linksorientierung dieser Partei schließen ließe.Footnote104

Für eine genaue Beschreibung und herrschaftstypologische Einordnung des Regimes 1931–38 ist der Begriff des ‘Austrofaschismus’ durchaus untauglich, weil irreführend. Das Wort muss historisiert werden, d.h. es muss in seinem historischen Entstehungszusammenhang betrachtet und verstanden werden. Es ist untrennbar mit der Etablierung des Faschismus in Italien verknüpft,Footnote105 ein Ereignis, das bei vielen Linken damals ganz erhebliche Irritationen ausgelöst hat: Denn mit dem italienischen Faschismus trat zum ersten Male ein politisches System in Erscheinung, das sich in der marxistischen Geschichtsdeutung nicht unterbringen ließ. Es handelte sich dabei ganz offensichtlich nicht um eine Bewegung, die sich ohne weiteres der bürgerlichen Klasse zuordnen ließ. Schon auf Grund ihrer teils dezidiert antikapitalistischen und antiliberalen Rhetorik konnte sie beträchtliche Anziehungskraft auf die Arbeiter ausüben. Sie begann sich demgemäß auch im proletarischen Milieu breitzumachen, das der Marxismus bis dahin als seine ureigene Domäne betrachtet hatte, die ihm nun vom Faschismus streitig gemacht wurde.Footnote106 Daran anknüpfend entwickelte sich der insbesondere im Marxismus gepflegte Sprachgebrauch, ‘alle antidemokratischen und antikommunistischen Erscheinungen als faschistisch zu bezeichnen’; demgemäß galten dann aus kommunistischer Sicht ‘bald alle Parteien und Regime, die dem Kapitalismus nützten und dem Kommunismus schadeten, als “faschistisch”’.Footnote107 Selbstverständlich wurde der Nationalsozialismus sofort in den Kreis solcher Regime aufgenommen. Da dieser in seiner ungeheuren Monstrosität den italienischen Faschismus bei weitem übertraf, war jedenfalls in Deutschland spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg eine deutliche Ausrichtung des Faschismusbegriffs am Nationalsozialismus zu beobachten – eine Tendenz, zu der die Geschichtswissenschaft in der DDR nicht unerheblich beigetragen haben dürfte.Footnote108 Wenn dort von ‘Faschisten’ und ‘Antifaschisten’ die Rede war, dann waren damit in aller Regel die Nationalsozialisten und deren Gegner gemeint, und diese vorrangige Ausrichtung am Nationalsozialismus ist dem Faschismusdiskurs jedenfalls im deutschsprachigen Raum bis heute geblieben.Footnote109 Spätestens nach der Ausschaltung des Nationalrates und dem zunehmend offensichtlich werdenden Übergang zu einer Regierungsdiktatur kommt dann auch das Wort ‘Austro-Faschismus’ ins Spiel zur Bezeichnung eben dieser Diktatur, was sich schon angesichts der zunehmend enger werdenden Anlehnung des Dollfuß-Regimes an Mussolini anbot. Allerdings gab es schon aus zeitgenössischer Sicht ‘von links’ durchaus Vorbehalte, den ‘Ständestaat’ mit dem italienischen ‘Fascismus’ gleichzusetzen: Auch Otto Bauer spricht nur vom ‘halbfaschistischen autoritären Ständestaat’. Klar ist jedenfalls, dass das Wort ‘Austro-Faschismus’ bei seiner Entstehung zunächst am italienischen Faschismus orientiert war. Aber eine begriffsgeschichtlich reflektierte Verwendungsweise des Wortes ‘Faschismus’ darf den inhaltlichen Wandel eines politischen Schlüsselbegriffs, der ja gleichzeitig auch als Kampfbegriff fungierte – hierin in Entsprechung etwa zum Schlagwort ‘Bolschewismus’ – nicht einfach unberücksichtigt lassen und von der durchaus falschen Prämisse ausgehen, ‘Faschismus’ habe eine von Anfang an gleichbleibende und fest umrissene Bedeutung gehabt. Die moderne Faschismusforschung jedenfalls hat den ursprünglich stark von marxistischer Seite geprägten weiten Faschismusbegriff der 30er Jahre gänzlich hinter sich gelassenFootnote110 und hat heute primär den Nationalsozialismus im Visier, wenn es um die ideologische und ‘praxeologische’ Charakterisierung des Phänomens ‘Faschismus’ geht – nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in der angelsächsischen Forschung.Footnote111 Das darf in der Diskussion über den ‘Austro-Faschismus’ nicht einfach ausgeblendet werden, soll diese nicht in einer reichlich provinziellen Sackgasse enden.

Correction Statement

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Additional information

Notes on contributors

Thomas Simon

Thomas Simon is Professor at the Department of Legal and Constitutional History, Faculty of Law, University of Vienna, where he has worked since 2005. From 1980 to 1985 he studied law at the Universities of Hamburg, Freiburg im Breisgau and Göttingen. 2001 Habilitation at the University of Frankfurt am Main. After a research fellowship at the postgraduate programme for Modern and Medieval Legal History at Frankfurt am Main, he was Research Assistant at the Max Planck Institute for European Legal History, Frankfurt am Main, from 1992 to 2005.

Notes

1 Der nachfolgende Text knüpft an den von mir in diesem Heft veröffentlichten Aufsatz ‘Der “autoritäre Ständestaat” in Österreich und die Diktaturen im Osteuropa der Zwischenkriegszeit’ an. Dort auch unter I. eine eingehende Darstellung und Bewertung der Diskussion um den ‘Austrofaschismus’.

2 Siehe hierzu den Überblick bei S. Reichardt, ‘Neue Wege der vergleichenden Faschismusforschung’, Mittelweg 36, (2007), pp.9–25, sowie bei T. Schlemmer und H. Woller, ‘Politischer Deutungskampf und wissenschaftliche Deutungsmacht Konjunkturen der Faschismusforschung’, in T. Schlemmer, H. Woller (eds), Der Faschismus in Europa (Berlin-Boston, 2015), pp. 7–16.

3 A. Pelinka (ed.), Die gescheiterte Republik. Kultur und Politik in Österreich 1918–1938 (Wien-Köln, 2017), p. 143.

4 Hierzu Chr. Dipper, R. Hudemann, J. Petersen, ‘Vergleichende Faschismusforschung – Schwerpunkte, Tendenzen, Hypothesen’, in Chr. Dipper, R. Hudemann, J. Petersen (eds), Faschismus und Faschismen im Vergleich (Köln 1998), pp. 9–21 (11).

5 So jedenfalls Griffin selbst, in A. Schobert, ‘Der umstrittene Begriff des Faschismus. Interview mit Roger Griffin’, DISS-Journal. Zeitung des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung (DISS) (2004), pp. 10–13 (12). Ebenso T. Schlemmer, H. Woller, ‘Politischer Deutungskampf und wissenschaftliche Deutungsmacht. Konjunkturen der Faschismusforschung’, in T. Schlemmer, H. Woller (eds), Der Faschismus in Europa (Berlin-Boston, 2015), pp. 7–16: ‘Griffins berühmte Hauptthese, der Faschismus sei eine Art politischer Ideologie, deren mythischer Kern die Wiedergeburt im Zeichen eines populistischen Ultranationalismus gewesen sei, hat eine ungewöhnlich breite internationale Diskussion ausgelöst und viel Zustimmung erfahren.’

6 R. Griffin, The Nature of Fascism (London-New York, 1991), pp. 26, 32, 44.

7 M. Lyons, DISSJournal 13 (2004), zit. nach www.publiceye.org/eyes/whatfasc.html (12.1.2004); ebenso R. O. Paxton, The Anatomy of Fascism (London, 2004), p. 219 f.: ‘primacy of the group, toward which one has duties superior to every right; belief that one’s group is a victim, a sentiment that justifies any action; the need for closer integration of a purer community by exclusionary violence; the beauty of violence … ’.

8 S. Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften. Anmerkungen zu einer praxeologischen Analyse’, in T. Schlemmer (ed.), Der Faschismus in Europa: Wege der Forschung (München, 2014), pp. 73–88.

9 E. Hanisch, ‘Der politische Katholizismus als ideologischer Träger des “Austrofaschismus”’, in E. Tálos, W. Neugebauer (eds), Austrofaschismus. Politik – Ökonomie – Kultur 1933–1938 (Wien, 2005), p. 69.

10 G. Botz, ‘Der “4. März 1933” als Konsequenz ständischer Strukturen, diplomatischer Krisen und autoritärer Tendenzen’, in E. Fröschl, H. Zoitl (eds), 4. März 1933 (Wien, 1984), pp. 24 ff.

11 Dazu auch P. Huemer, ‘Verfassungsbruch 1933/34’, in E. Fröschl, H. Zoitl (eds), Der 4. März 1933. Vom Verfassungsbruch zur Diktatur (Wien, 1984), p. 117.

12 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 68.

13 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 75.

14 Zit. nach Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 76; dazu vor allem E. Hanisch, Die Ideologie des politischen Katholizismus in Österreich 1918–1938 (Wien-Salzburg, 1977).

15 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 72.

16 Zit. nach Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 72.

17 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 76.

18 A. Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, in E. Tálos, W. Neugebauer (eds), Austrofaschismus. Politik – Ökonomie – Kultur 1933–1938 (Wien, 2005), pp. 28–53.

19 Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 39. Staudinger bezieht sich hier auf eine Schrift, die für die ideologische Anleitung der Funktionäre in der VF verwendet wurde: VF/Bundeswerbeleitung, Richtlinien zur Führerausbildung (Wien, 1935).

20 H. Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? Gesetzgebung im autoritären Österreich (Wien-Köln-Graz, 1998).

21 Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 29.

22 Zit. nach Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 31.

23 Zit. nach Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 32.

24 Kurt Schuschnigg, Die Sendung des deutschen Volkes im christlichen Abendland, Allgemeiner deutscher Katholikentag (Wien, 1933), pp. 59 ff., zit. nach W. Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, in W. Maderthaner, M. Maier (eds), ‘Der Führer bin ich selbst’. Engelbert Dollfuß – Benito Mussolini Briefwechsel (Wien, 2004).

25 Schuschnigg, Die Sendung des deutschen Volkes im christlichen Abendland, Allgemeiner deutscher Katholikentag, pp. 59 ff., zit. nach Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 133.

26 Zit. nach Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 34.

27 Zit. nach Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 37.

28 Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 37.

29 Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 133.

30 So etwa Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 32.

31 So Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 36: Die christlich-soziale Programmatik sei ‘deutschnational bestimmt’ gewesen ‘im Sinne einer Einbeziehung […] Österreichs in eine deutsche Nation’.

32 Dazu höchst anschaulich und mit vielen Quellen unterlegt A. Ableitinger, ‘Der “Deutschlandkomplex” der Österreicher in der Ersten Republik’, in Desput, Österreich 1934-1984, pp. 173–98. Wenig überzeugend ist es freilich, wenn Ableitinger in Bezug auf den allgemein verbreiteten Anschlusswunsch unter den Österreichern von einem ‘Deutschlandkomplex’ spricht. Er beteuert zwar, damit ‘kein Krankheitsbild ausgeben’ zu wollen (p. 174), aber wenn er im Folgenden von einer ‘Fixierung’ spricht, von der sich die Österreicher nicht hätten ‘lösen’ können, verfällt er im Grunde wieder in eine reichlich psychologisierende Ausdrucksweise. Die Anschlussidee wird hier zu einer Art ‘Spleen’, der die bedauernswerten Österreicher nach dem Ersten Weltkrieg beherrscht hat.

33 Quellennahe Darstellung dieser Diskussion auf der Grundlage der Verhandlungsprotokolle bei W. Brauneder, Die Republik entsteht: Österreich 1918–1925 (Wien-München, 2000).

34 Dazu eingehend V. Henze, Das schwedische Volksheim. Zur Struktur und Funktion eines schwedischen Ordnungsmodells (Florenz-Berlin, 1999); N. Götz, Ungleiche Geschwister. Die Konstruktion von nationalsozialistischer Volksgemeinschaft und schwedischem Volksheim (Baden-Baden, 2001).

35 Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? p. 20.

36 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 6.

37 Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 28.

38 So treffend Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 131.

39 H. Rumpler, ‘Der Ständestaat ohne Stände. Johannes Messner als “Programmator” der berufsständischen Idee in der Verfassung des Jahres 1934’, in R. Krammer, C. Kühberger, F. Schausberger (eds), Der forschende Blick. Beiträge zur Geschichte Österreichs im 20. Jahrhundert. Festschrift für Ernst Hanisch zum 70. Geburtstag (Wien-Köln-Weimar, 2010), pp. 229–45 (231).

40 Zur Person Messners siehe auch E. Kustatscher, ‘Berufsstand’ oder ‘Stand’? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit (Wien-Köln-Weimar, 2016), pp. 37, 72: Johannes Messner, Priester und Professor der Theologie an der Universität Wien, gab im Auftrag von Bundeskanzler Schuschnigg von 1936 bis 1938 die katholisch-konservative Monatsschrift für Kultur und Politik heraus. 1938 floh er nach Großbritannien ins Exil, von wo er erst 1949 wieder an die Universität Wien zurückkehrte. Im Treppenhaus des Universitätsgebäudes Schenkenstraße, Sitz der Theologischen Fakultät, wird mit einer Büste an ihn erinnert.

41 J. Messner, Die soziale Frage der Gegenwart (Innsbruck, 1934).

42 Messner, Die soziale Frage, p. 549f.

43 Messner, Die soziale Frage, p. 553.

44 Vielsagend ist das Verhältnis von Staat und Kirche, wie es bei Messner erscheint: Es ist nicht das für die Moderne typische Verhältnis der Über-Unterordnung, wie es der moderne Staat im Laufe der Neuzeit herstellt, sondern der Gleichordnung: Beides – Kirche wie Staat – sind ‘vollkommene Gesellschaften’, da sie beide ‘die Mittel für die Erstellung alles zur irdischen Wohlfahrt seiner Glieder Erforderlichen’ bereitstellen können; sie unterscheiden sich lediglich durch ‘die Art des Zwecks’, denn das ‘Ziel’ des Staates ist ‘das zeitliche, das der Kirche das ewige Wohl’ (585). Damit ist man wieder bei der mittelalterlichen Gleichordnung von ‘weltlicher’ und ‘geistlicher Gewalt’ angelangt.

45 So Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 35.

46 Hugo Hantsch, ‘Österreichische Staatsidee und Reichsidee’, in: Österreichische Rundschau, 1. Jg. (1934), p. 6–15, zit. nach Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 35; zur Verortung des Historikers und Benediktinerpaters Hugo Hantsch auf dem Spannungsfeld zwischen ‘großösterreichisch-habsburgischer’ und ‘großdeutsch-völkischer Geschichtsauffassung’ siehe J. Holeschofsky, Hugo Hantsch. Eine biographische Studie (Dissertation Universität Wien, 2012).

47 ‘Grundlagen und Ziele völkisch-staatlicher Neugestaltung. Programm junger Katholiken’; zit. nach Staudinger, ‘Austrofaschistische ‘Österreich’-Ideologie’, p. 32; zu dem hinter dieser Schrift stehenden katholisch-konservativen Personenkreis ebd., p. 31.

48 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 69. Dazu auch W. Maderthaner, ‘Die Krise einer Kultur’, in G. Schefbeck (ed.), Österreich 1934. Vorgeschichte – Ereignisse – Wirkungen (Wien, 2004), pp. 60 ff: ‘Neo-romantische Kritik an der Moderne’ in Gestalt rückwärtsgewandter, vormoderner Utopien (p. 65).

49 Die Behauptung von Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 142, im ‘Austrofaschismus’ sei der Versuch unternommen worden, ‘wesentliche Elemente faschistischer Ideologie mit katholischem Klerikalismus zu verknüpfen’, ist leider nicht belegt. Was für ‘Elemente’ sollen das genau gewesen sein?

50 Messner, Die soziale Frage der Gegenwart, pp. 579–80: ‘Da nach dem Prinzipe der Subsidiarität das, was der einzelne und die kleinere Gesellschaft aus eigenen Kräften zu vollbringen vermag, nicht von einer übergeordneten an sich gerissen werden darf, so liegt ganz offenbar •der Schwerpunkt des gesellschaftlichen Lebens in der breiten Vielfalt der kleinen und kleinsten und der im organischen Aufbau der Gesellschaft zuunterst gelegenen Gesellschaftsgebilde.’ Demgemäß ist der Föderalismus für Messner auch ‘ein naturrechtliches Sozialprinzip’.

51 Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 82.

52 Dies ist auch für Hanisch ein entscheidendes Argument, warum er das Regime 1933–38 nicht als ‘vollfaschistisch’ bezeichnen möchte, nämlich das ‘Fehlen eines distinkten Anti-Konservativismus’ (Hanisch, ‘Der politische Katholizismus’, p. 69); letzteres sei ‘typisch für ein vollfaschistisches Regime’. Das sollte man schärfer ausdrücken: In der Ideologie des ‘Ständestaates’ fehlt nicht nur ein distinkter Anti-Konservativismus’, vielmehr besteht diese Ideologie aus nichts anderem als aus einem geradezu ‘alteuropäischen’ Konservativismus. Dieter Stiefel weist darauf hin, ‘die ständestaatliche Utopie’ sei kein ‘logisch geschlossenes System’, sondern von einer ‘systemimmanente(n) Widersprüchlichkeit’ geprägt gewesen (D. Stiefel, ‘Der Ruf nach autoritären Strukturen: Wirtschaft und Ständestaat’, in Parlamentsdirektion (ed.), Staats- und Verfassungskrise 1933 (Wien, 2014), p. 126. Diese Widersprüchlichkeit sei ‘in der christlich-sozialen Politik der Zwischenkriegszeit angelegt’ gewesen, ‘im Zusammengehen der an sich antikapitalistischen Partei mit Wirtschafts- und Finanzkreisen im Sinne eines gegenrevolutionären Blocks.’ Die Utopie des Ständestaates könne ‘als Versuch angesehen werden, das christlich-soziale Denken mit wirtschaftsliberalen Prinzipien in Einklang zu bringen’. ‘Wirtschaftsliberale Prinzipien’ wird man allerdings bei Messner nicht finden, im Gegenteil: Messner ist gerade bestrebt, sich sowohl vom ökonomischen wie auch vom politischen Liberalismus in aller Schärfe abzusetzen. Eben deshalb sollte ‘das Primat der Wirtschaft’ gebrochen, ‘der Staat aus den Verstrickungen mit privatwirtschaftlichen Interessen befreit und die Wirtschaft entstaatlicht werden’, wie Stiefel, ebd., selbst schreibt. ‘Entstaatlichung’ beinhaltet bei Messner aber auf keinen Fall so etwas wie normative Freisetzung der Wirtschaft im Sinne einer Steuerung ausschließlich über den Markt, vielmehr wird bei Messner auch die Wirtschaft einem dichten Regelwerk naturrechtlicher Art unterworfen – auch dies unter Rückgriff auf scholastische Vorstellungen.

53 Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 148. Der Ausdruck ‘österreichisch-national’, den Maderthaner ebd. verwendet, trifft es hingegen nicht. Auch auf Seiten des ‘Ständestaates’ wäre es niemand in den Sinn gekommen, die Österreicher als eigene Nation zu betrachten. Demgemäß gibt es nur ‘Deutsch-Nationalismus’.

54 L. Raphael, Imperiale Gewalt und mobilisierte Nation. Europa 1914–1945 (München, 2011), p. 223.

55 Gänzlich sinnlos ist daher die Wortbildung ‘deutscher Nationalfaschismus’ bei Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 133. Es gibt keinen ‘Faschismus’ ohne Nationalismus. Dazu auch unten unter VII.

56 A. Wandruszka, ‘Austrofaschismus. Anmerkungen zur politischen Bedeutung der “Heimwehr” in Österreich’, in M. Funke, H. A. Jacobsen, H. H. Knütter, H. Schwarz (eds), Demokratie und Diktatur. Geist und Gestalt politischer Herrschaft in Deutschland und Europa, FS für Karl Dietrich Bracher (Düsseldorf, 1987), p. 218; eingehend hierzu W. Wiltschegg, Die Heimwehr. Eine unwiderstehliche Volksbewegung? (Wien, 1985).

57 Wandruszka, ‘Austrofaschismus. Anmerkungen zur politischen Bedeutung der “Heimwehr” in Österreich’, p. 218.

58 Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? p. 24.

59 Wandruszka, ‘Austrofaschismus. Anmerkungen zur politischen Bedeutung der “Heimwehr” in Österreich’, p. 218.

60 Zur Staats- und Gesellschaftslehre Othmar Spanns und dessen Verhältnis zum Nationalsozialismus aus stramm marxistischer Sicht: K.-J. Siegfried, Universalismus und Faschismus. Das Gesellschaftsbild Othmar Spanns, (Wien, 1974).

61 W. Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat (Wien-Graz-Klagenfurt, 1929).

62 Ernst von Salomon nennt ihn in seiner Autobiographie Der Fragebogen (Hamburg, 1951) den ‘Petrus unter den Aposteln des Meisters Spann, sein engster Mitarbeiter, Freund und Vertrauter, blaß, mager, fanatisch, ungeheuer gelehrt […]’, Salomon, Der Fragebogen, pp. 209–10.

63 Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? p. 24.

64 Im einzelnen K.-J. Siegfried, Universalismus und Faschismus. Das Gesellschaftsbild Othmar Spann, p. 88 ff.

65 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 5.

66 ‘Auch bei uns erhebt die Anarchie, die am Grunde jedes Liberalismus lauert, immer drohender ihr Haupt: Der Bolschewismus marschiert in den deutschen Landen und Bolschewismus bedeutet für uns Deutsche in Mitteleuropa nichts anderes als bewusste Zerstörung und Zersetzung aller echten Lebensgebilde, Aufhebung von Staat, Familie, Religion und Kultur’ (Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 17).

67 ‘Es ist keine sachlich richtige Entscheidung im demokratischen Verfahren des Auszählens zu gewinnen, es wäre denn durch Zufall’ (Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 18).

68 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 11.

69 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 19.

70 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 16.

71 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 16.

72 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 31. Dort weiter: ‘Das Individuum ist nicht mehr isoliert, nicht mehr in Gefahr, in die Masse herabzusinken, sondern es ist innerlich gebunden und aufgehoben in einer Gemeinschaft der verhältnismäßig Gleichen, der Berufs- und Standesgenossen’.

73 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 32.

74 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat: ‘Die Stände sind grundsätzlich ungleich’.

75 Heinrich, Gegen Parteienstaat – für Ständestaat, p. 32. Daher ist der ‘neue Staat’ auch kein ‘Alles-Tuer’ mehr, denn ‘er kann eine Unzahl von Verrichtungen an die ständischen Untergebilde abgeben’.

76 Eingehend hierzu M. Seitz, Vom Faschistischen Zentralismus zum Regionalstaat: Dezentralisierung und Nord-Süd-Konflikt (Wiesbaden, 1997), pp. 35–45.

77 Zur Frage des Einflusses der Spann’schen Lehre vor allem auf die CSP siehe Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? pp. 22ff. Auch die Frage nach Übereinstimmungen und Differenzen zwischen der katholischen Soziallehre und der Staats- und Gesellschaftslehre Spanns (dazu Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? p. 21) kann hier nicht vertieft werden. In zwei Punkten jedenfalls weicht Heinrich ganz deutlich von Messner ab: Bei Heinrich ‘gipfelt’ die anvisierte Ständeordnung ‘in einem Höchststande’. Dieser ‘höchste führende Stand verbürgt die Gerechtigkeit im Zusammenleben der übrigen Stände’. Heinrich wörtlich: ‘Dieser höchste führende Stand ist der Staat. Er sorgt dafür, dass die übrigen Stände richtig zusammenwirken, er weist einen überwuchernden Stand in seine Grenzen zurück, er fördert einen zurückgebliebenen Stand, damit er seine ihm ziemende Leistung voll erfülle.’ Auch hier folgt er Othmar Spann, ‘Der wahre Staat. Vorlesungen über Abbruch und Neubau der Gesellschaft’, wo Spann einen ständischen Staatsaufbau neuer Prägung fordert, an dessen Spitze als eigener Stand, nämlich der ‘staatstragende Personenkreis’ (Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? pp. 21–2). Der zweite deutlich hervorstechende Unterschied zu Messner liegt in dem dezidiert antidemokratischen und antiparlamentarischen Standpunkt Spanns und seines Schülers Heinrich. Demgegenüber ist Messner der Demokratie gegenüber aufgeschlossen; er lehnt sie jedenfalls nicht dezidiert ab. Messner über ‘den Wert der einzelnen Staatsformen’: ‘Da die Verwirklichung des Staatszweckes bei gar keiner Staatsform ausgeschlossen ist, ist an sich keine der drei Staatsformen zu verwerfen, hat aber auch keine an sich vor den anderen einen Vorzug.’ Welcher der drei klassischen aristotelischen Staatsformen dann im konkreten Einzelfall der Vorzug zu geben sei, hängt bei Messner ‘von den Anlagen eines Volkes, seiner kulturellen Entwicklung und seiner sittlichen Reife’ ab. Die ‘jeweils für ein Volk beste Staatsform’ sei daher ‘in einem bedeutenden Maße umstandsbedingt’ (Messner, Die soziale Frage der Gegenwart, p. 597).

78 Siehe auch A. Luh, Der Deutsche Turnverband in der ersten Tschechoslowakischen Republik (München, 2006), p. 235: Spanns Volkstumslehre sei insofern ‘übervölkisch’ orientiert gewesen, als ‘Volk’ und ‘Rasse’ bei ihm nicht der höchste ‘Wert und Zielpunkt’ jeglicher Politik gewesen seien. Heinrich und der von ihm 1925 gegründete ‘Sudetendeutsche Kameradschaftsbund’ waren i.ü. auch gegen einen Anschluss des Sudentenlandes an das Deutsche Reich. Stattdessen wurde eine föderalistische Neuordnung der Tschechoslowakei angestrebt. Auch dies steht in deutlichem Widerspruch zu eigentlich ‘nationalen’ Grundsätzen. Von nationalsozialistischer Seite wurde dem Kameradschaftsbund demgemäß dann auch vorgeworfen, ‘die Abspaltung der Sudetendeutschen vom deutschen Volk’ und damit deren ‘Verschweizerung’ betrieben zu haben (Luh, Der Deutsche Turnverband in der ersten Tschechoslowakischen Republik, p. 235); Siehe hierzu auch T. Keller, Emil Franzel (1901-1976). Biographie eines sudetendeutschen Intellektuellen (Hamburg, 2012), pp. 53–4.

79 Dazu eingehend K.-J. Siegfried, Universalismus und Faschismus. Das Gesellschaftsbild Othmar Spanns, (Wien, 1974), p. 207 ff.

80 Wohnout, Regierungsdiktatur oder Ständeparlament? p. 31.

81 Wandruszka, ‘Austrofaschismus. Anmerkungen zur politischen Bedeutung der “Heimwehr” in Österreich’, p. 219.

82 Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, p. 87.

83 A. Königseder, ‘Antisemitismus 1933-1938’, in G. Enderle-Burcel, I. Reiter-Zatloukal (eds), Antisemitismus in Österreich 1933-1938, p. 58: ‘Die antisemitischen Äußerungen der Heimwehrführer zollten eher der judenfeindlichen Haltung ihrer Anhänger Tribut als der eigenen Überzeugung’.

84 So Königseder, ‘Antisemitismus 1933-1938’, p. 58.

85 W. Wiltschegg (ed.), Die Heimwehr. Eine unwiderstehliche Volksbewegung? (Wien, 1985), p. 270; zustimmend Wandruszka, ‘Austrofaschismus. Anmerkungen zur politischen Bedeutung der “Heimwehr” in Österreich’, p. 221. Es ist daher m. E. auch fraglich, ob man in den deutschen Freikorps tatsächlich eine Parallele zu den Heimwehren sehen kann; so etwa K. Bracher, ‘“Austrofaschismus” und die Krise der Demokratien’, in J. Desput, Österreich 1934-1984: Erfahrungen (Graz-Wien-Köln, 1984), pp. 11–27 (12). Die ‘Freikorps’ dürften viel stärker aus einem rein soldatischen Milieu hervor gegangen sein; es waren Bünde ‘arbeitslos’ gewordener ‘Frontkämpfer’. Die Heimwehren scheinen demgegenüber stärker in lokalen, ländlichen Milieus verwurzelt. Dementsprechend dürften die Differenzen in ideologischer Hinsicht beträchtlich gewesen sein, denn die Freikorps waren bekanntermaßen Hort eines extremistischen Ultranationalismus.

86 S. Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften. Anmerkungen zu einer praxeologischen Analyse’, in T. Schlemmer (ed.), Der Faschismus in Europa: Wege der Forschung (München, 2014), pp. 73–88 (74). Zum folgenden auch: S. Reichardt, Neue Wege der vergleichenden Faschismusforschung, Mittelweg 36, (2007), pp. 9–25.

87 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 75.

88 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 79.

89 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 80.; ebenso Paxton, The Anatomy of Fascism, p. 219: ‘the beauty of violence and the efficacy of will, when they are devoted to the group’s success’.

90 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 80; dieser Gesichtspunkt findet sich auch schon bei Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, pp. 45–6, angesprochen, wenn er den fanatischen ‘Vernichtungswillen’ hervorhebt, der den italienischen wie den deutschen Faschismus gekennzeichnet habe; dieser sei im Falle der Nationalsozialismus gegen die Juden, im italienischen Faschismus hingegen gegen die ‘Marxisten’ und die ‘nationalen Minderheiten’ gerichtet gewesen.

91 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 87.

92 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 87.

93 Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, p. 91. Er insistiert daher auch auf einer ‘Differenzierung zwischen autoritären und faschistischen Regimen’ (Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, p. 90). Auch D. A. Binder, ‘12. Februar 1934 Ort des Erinnerns’, in G. Schefbeck (ed.), Österreich 1934: Vorgeschichte Ereignisse Wirkungen (Wien, 2004), p. 108, sieht in der ‘Dämonisierung des Austrofaschismus’ die Gefahr der Verharmlosung des Nationalsozialismus (zit. nach Kustatscher, ‘Berufsstand’ oder ‘Stand’, p. 31).

94 S. Friedländer (ed.), Kitsch und Tod. Der Widerschein des Nazismus (München, 1984), p. 112–3.

95 Dazu auch S. Friedländer, ‘Das Primärgefühl der Fassungslosigkeit bewahren’, in S. Friedländer (ed.), Den Holocaust beschreiben (Göttingen, 2007), p. 96–120.

96 Reichardt, ‘Faschistische Tatgemeinschaften’, p. 80.

97 Es ist daher nachgerade kurios, wenn sich Staudinger, ‘Austrofaschistische “Österreich”-Ideologie’, p. 49, in der Analyse des FV-Schrifttums zu der Schlussfolgerung versteigt, das nationalsozialistische Deutschland und Österreich unter Dollfuß und Schuschnigg hätten die ‘gleiche(n) Ziele’ verfolgt, nämlich ‘die Errichtung und Organisierung eines Großreiches’ im Osten. Die bekanntermaßen bis an die Zähne aufgerüstete kleine Alpenrepublik soll also das politische ‘Ziel’ gehabt haben, mit ihrer gewaltigen Streitmacht ein ‘Großreich’ im Osten aufzubauen?! Ob Staudinger da die Fähigkeit zu einer halbwegs realistischen Lageeinschätzung bei Dollfuß und Schuschnigg nicht doch etwas unterbewertet?

98 C. von Hodenberg, Aufstand der Weber. Die Revolte von 1844 und ihr Aufstieg zum Mythos (Bonn, 1997).

99 Siehe hierzu nur K. Tenfelde, ‘Bürgerkrieg im Ruhrgebiet 1918 bis 1920’, in K.-P. Ellerbrock (ed.) Erster Weltkrieg, Bürgerkrieg und Ruhrbesetzung. Dortmund und das Ruhrgebiet 1914/18-1924 (Dortmund, 2010).

100 M. Stolleis, ‘Das Unverstehbare verstehen: Der Holocaust und die Rechtsgeschichte’, in: Politisches Denken. Jahrbuch 2011, pp. 143–56 (146).

101 Teil dieser Semantik ist das in der neueren Literatur anzutreffende Narrativ, demgemäß es erst der ‘Austrofaschismus’ gewesen sei, der dem Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland ‘den Weg bereitet’ habe; so ganz dezidiert Dreidemy, Der Dollfuß-Mythos, p. 238–9. Unverkennbar wird hier der ‘Austrofaschismus’ zu einer Art Vorstufe des nationalsozialistischen ‘Vollfaschismus’ stilisiert.

102 Das Herrschaftssystem des ‘Ständestaates’ stellt also ganz gewiss keine ‘historische Anomalie’ dar, wie Maderthaner, ‘Legitimationsmuster des Austrofaschismus’, p. 142, will, sondern innerhalb Mittelosteuropas geradezu den Regelfall; A. Pelinka, Die gescheiterte Republik. Kultur und Politik in Österreich 1918–1938 (Wien-Köln-Weimar, 2017), p. 144. Dazu eingehend T. Simon, ‘Der “autoritäre Ständestaat” in Österreich und die Diktaturen im Osteuropa der Zwischenkriegszeit’, Parliaments, Estates and Representation 41, (2021).

103 Dieser Begriffskern dürfte unumstritten sein; dazu oben unter I. Siehe hierzu auch S. Breuer, Grundpositionen der deutschen Rechten 1871–1945 (Tübingen, 1999), p. 167. Auch für Karl Dietrich Bracher, der scharf zwischen dem Faschismus in Italien und dem deutschen Nationalsozialismus unterscheidet, sieht in der ‘national-imperialen Sendungsideologie mit sozialistischem Einschlag’ den ideologischen Kern des italienischen Faschismus, dem er die ‘völkisch-antisemitische Integrationsideologie mit der germanisch-nordischen Rasse als Höchstwert im Nationalsozialismus’ gegenüberstellt; K. D. Bracher, Zeit der Ideologien. Eine Geschichte politischen Denkens im 20. Jahrhundert (München, 1985), pp. 157–8. In der neueren Forschung sind Nationalsozialismus und italienischer Faschismus allerdings zunehmend ‘näher zusammengerückt’, da man in der neueren Literatur den vor allem im libyschen und äthiopischen Kolonialkrieg deutlich zutage tretenden Rassismus des italienischen Faschismus betont. Der Rassismus habe daher, so Schlemmer und Woller, ‘als Unterscheidungskriterien an Bedeutung verloren’ (T. Schlemmer und H. Woller, ‘Politischer Deutungskampf und wissenschaftliche Deutungsmacht. Konjunkturen der Faschismusforschung’, in T. Schlemmer, H. Woller (eds), Der Faschismus in Europa, pp. 7–16 (13), (Berlin-Boston, 2015).

104 Dazu überzeugend G. Hartmann, ‘Eliten im “Ständestaat”. Versuche einer Einordnung’, in F. Wenninger, L. Dreidemy, Das Dollfuss/ Schuschnigg-Regime 1933–1938. Vermessung eines Forschungsfeldes (Wien-Köln-Weimar, 2013), pp. 223–40: ‘Somit verblieb als tragende Bewegung des ‘Ständestaates’ der ehemals parteipolitische Katholizismus, der von nicht in das national-(sozialistische) Lager übergeschwenkten Angehörigen der beiden anderen genannten Koalitionspartner ergänzt wurde. Diese spielten aber quantitativ nur eine untergeordnete Rolle. Auch sind dort kaum nennenswerte Eliten als spezifisch homogene Gruppe erkennbar, sodass im Großen und Ganzen im ‘Ständestaat’ das katholische Kernmilieu diesbezüglich maßgeblich war. Infolge des Juliabkommens von 1936 strömten zwar ‘betont nationale’ Elemente in die Vaterländische Front bzw. in den Regierungsapparat. Auch wenn bei diesen gewisse Eliten (z. B. akademisch-nationales Milieu) erkennbar sind, können sie nicht zu einer des ‘Ständestaates’ zählen, weil sie diesen letztlich zu transzendieren versuchten. Das gilt auch für die sogenannten Katholisch-Nationalen. Sie entstammten zwar auch der Elite des katholischen Milieus und waren nicht selten in den Transformationsprozess der Jahre 1933/34 eingebunden, jedoch letztlich als Vertreter der großdeutschen Idee für die Überwindung des ‘Ständestaates’ (p. 223).

105 ‘Am Anfang war Mussolini’ (Schlemmer, Woller, ‘Politischer Deutungskampf und wissenschaftliche Deutungsmacht’, p. 7).

106 Der deutsche Kommunist und hochrangige Kominternfunktionär Karl Radek sah ‘in dem Siege des Fascismus nicht nur einen mechanischen Sieg der Waffen der Fascisten’, sondern ‘die größte Niederlage, die der Sozialismus und der Kommunismus seit Beginn der Periode der Weltrevolution erlitten haben’ (zit. nach Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, p. 7).

107 Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, p. 12–3. Das entspricht i.ü. einem auch heute noch gepflegten umgangssprachlichen Gebrauch: Siehe hierzu oben bei Fn. 33.

108 So ganz dezidiert Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, p. 13.

109 Schlemmer, Woller, ‘Politischer Deutungskampf und wissenschaftliche Deutungsmacht Konjunkturen der Faschismusforschung’, p. 12: Der ‘Versuch, den Nationalsozialismus aus dem Faschismus hinauszudefinieren und den Faschismus damit gleichsam zu entkernen’, sei ‘gescheitert’.

110 Dazu eingehend Wippermann, Europäischer Faschismus im Vergleich, pp. 12ff.

111 Siehe hierzu nur Paxton, The Anatomy of Fascism, pp. 206 ff.